picture alliance/Felix König/dpa

Digitalisierung
An den Hochschulen fehlen digitale Kompetenzen

Digitalisierung ist ein Mantra der Wissenschaftspolitik. Die Hochschulen sind aber nicht ausreichend darauf vorbereitet, meint ein Expertengremium.

11.07.2019

Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen reagieren zu langsam und nur unzureichend auf die grundlegenden Veränderungen durch die Digitalisierung. Viele Wissenschaftler und Mitarbeiter verfügen nicht über die notwendigen Fähigkeiten. Kompetenzen werden oft nur punktuell und informell in "Praktikernetzwerken" vermittelt. Darüber hinaus fehlen formale Qualifizierungswege und es gibt zuviel "Learning by doing". Das geht aus aktuellen "Empfehlungen zu Berufs- und Ausbildungsperspektiven für den Arbeitsmarkt Wissenschaft" des "Rates für Informationsinfrastrukturen" hervor.

Aufgaben in der digital gestützten Forschung werden demnach sehr häufig entweder nicht ausgeführt, von nicht dafür geschultem Personal "miterledigt" oder auf viele verschiedene Stellen und damit nicht effizient verteilt. Es bestehe eine "eklatante Diskrepanz" zwischen der aktuellen Praxis und dem eigentlichen Bedarf. Vor allem fehle es an Personal und Stellen, die die drängenden Aufgaben erfüllen könnten.

In seinem Papier nennt der Rat zahlreiche Beispiele für die problematische Situation an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen: So werde im forschungsnahen Bereich die Pflege von Datenkorpora häufig durch angelernte wissenschaftliche Beschäftigte "miterledigt". Eine Tätigkeit für die nach Auffassung des Rates "Datenbibliothekare" oder "Datenkuratoren" erforderlich wären. Dabei gebe es darüberhinaus das Problem, dass formal qualifiziertes Personal hierfür kaum existiere.

In der Forschung selbst würde die Analyse von Daten oft in interdisziplinären Teams selbst organisiert, oft mit "Bindestrich-Informatikern" oder externen Dienstleistern.  Notwendig seien hier aber zusätzlich zum Beispiel Data Scientists. Das Problem bestehe hier darin, dass es sich oft um schnell voranschreitende Gebiete handele, komplexe Algorithmen und Big Data Forschungsstrategien erforderlich seien. Ein großes Problem bestehe auch bei der IT-Sicherheit. Diese Aufgabe übernähmen oft die Rechenzentren oder gar externe Dienstleister. Dem Rat zufolge fehlten ausgebildete IT-Sicherheitsexperten. Die Personalgewinnung in diesem Feld sei allerdings sehr schwierig.  

"Digitales Arbeiten erhöht die Komplexität"

Der Rat weist darauf hin, dass durch die Digitalisierung in einigen Feldern zwar bisher wahrgenommene Tätigkeiten entfielen oder sich reduziert hätten, andere aber im Umfang wüchsen und gänzlich neue hinzukämen. "In allen Aufgabenbereichen finden sich Arbeitsintensivierung und gestiegene inhaltliche Anforderungen", heißt ist in dem Papier. Darüber hinaus erhöhe sich zwischen den Aufgabenbereichen der Abstimmungs-, Koordinations- und Kooperationsbedarf.

Insbesondere zwischen forschungsnahen und forschenden Aufgaben entwickelten sich "neue Formen der Arbeitsteilung" in der Wissenschaft. Der Rat betont, dass durch die Digitalisierung von Arbeitsprozessen keine Personalkapazitäten frei würden. Vielmehr sei "Aufgabenkritik" gefordert. Oftmals fehlten Kompetenzen und Erfahrung, oder die Aufgaben hätten organisatorisch noch keinen festen Ort, weil ein neues Zusammenspiel der Akteure gefordert sei. Digitales Arbeiten erhöhe die Komplexität.

Darüber hinaus habe die Forschung im Digitalzeitalter sowohl ihre Output-Geschwindigkeit als auch ihre Transparenz (Kennzahlen, Monitoring) gesteigert. Während das Anspruchsniveau "durchweg" gestiegen sei, seien die Ressourcen für die öffentlich Forschung "im Wesentlichen" gleich geblieben. "Vor Ort haben sie sich zum Teil auch verschlechtert, beispielsweise was die Personalkapazität als Daueraufgabe betrifft", heißt es in den Empfehlungen.

Die 24 Mitglieder des "Rats für digitale Infrastrukturen" kommen aus der Wissenschaft, von Bund und Ländern oder sind Vertreter für Dateninfrastrukturen und Personen des "öffentlichen Lebens". Vorsitzende ist Professorin Petra Gehring.

gri