Ein historisches Gebäude mit der Aufschrift "Universität von Paris" auf französisch.
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Open Science
"Barcelona-Deklaration" für Transparenz von Forschungsdaten

Eine Initiative von 25 Expertinnen und Experten will mehr Transparenz. Sie fordern in ihrer Deklaration Einblicke in Forschungsdaten.

18.04.2024

"Die Offenheit von Informationen über die Durchführung und Kommunikation von Forschung muss die neue Norm sein", heißt es in der kürzlich veröffentlichten "Barcelona-Deklaration". 

Die Erklärung wurde von einer Gruppe von etwa 25 Expertinnen und Experten aus dem Bereich Forschungsinformation ausgearbeitet. Die Gruppe repräsentiert Organisationen, die Forschung durchführen, finanzieren und bewerten oder Forschungsinformationsinfrastrukturen bereitstellen. 

Forschungsinformationen zugänglich und überprüfbar machen 

Laut "Research.Table" gehe es dabei um Daten und Metadaten von Forschungsartikeln, Drittmitteln, Konferenzen oder Projekten, die für politische Entscheidungen, die Bewertung von Forschenden und Einrichtungen sowie die Verbreitung von Wissen von Bedeutung seien. 

"Offene Forschungsinformationen ermöglichen wissenschaftspolitische Entscheidungen auf der Grundlage transparenter Evidenz und inklusiver Daten. Transparenz in diesem Bereich ermöglicht es, dass Informationen, die in Forschungsauswertungen verwendet werden, für die zu bewertenden Personen zugänglich und überprüfbar sind", führt die Deklaration die Vorteile aus. 

"Offene Forschungsinformationen ermöglichen wissenschaftspolitische Entscheidungen auf der Grundlage transparenter Evidenz und inklusiver Daten."
Aus der "Barcelona-Deklaration"

Stand heute haben rund 60 Universitäten, Wissenschaftseinrichtungen, Stiftungen und Infrastrukturunternehmen unterzeichnet und sich damit verpflichtet, an der Umgestaltung zu einem "Offenheits-Standard" mitzuwirken.

"Die Resonanz auf diese Initiative ist sehr positiv. Viele relevante Akteure haben bereits ihre Unterstützung signalisiert, müssen aber noch Gremienentscheide abwarten, bevor sie unterzeichnen können", sagt Christian Hauschke vom TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften in Hannover, gegenüber "Research.Table". 

Themen-Schwerpunkt "Open Science" 

Im Idealfall ist Wissen ein öffentliches Gut und sind Forschungsergebnisse allen Menschen zugänglich. Doch Verlage und Forschende streiten um die Kosten für qualitativ geprüfte Publikationen. Ausgewählte Beiträge rund um "Open Access" und "Open Science".

Von der Dominanz kommerzieller Anbieter lösen 

Metadaten von wissenschaftlichen Publikationen und die Bewertung von Forschung seien laut "Research.Table" bisher von großen Datenanbietern wie "Elsevier" und "Clarivate" dominiert worden und deren unternehmerisches Eigentum. Das habe zu Intransparenz bei der Forschungsbewertung geführt. Forschende hätten keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu den zugrundeliegenden Daten und Algorithmen. 

Ludo Waltman, Koordinator der Barcelona-Initiative und Forscher an der Universität Leiden, erklärt gegenüber dem Rechercheportal die Grundproblematik: "Daraus geht beispielsweise hervor, wer einen Artikel verfasst hat, mit welchen Organisationen die Autoren verbunden sind, wer den Artikel finanziert hat, aber auch Zitierverknüpfungen zwischen Veröffentlichungen zählen dazu". 

Die sogenannte "Barcelona-Deklaration" ziele darauf ab, sich von diesen eigentumsorientieren Lösungen zu lösen, und fördere stattdessen offene Modelle wie "OpenAlex", eine von der Non-Profit-Organisation "OurResearch" betriebene Datenbank. Ludo Waltman nennt neben "OpenAlex" auch andere freie Zugangslösungen wie "Crossref" und "OpenCitation". Christian Hauschke hebt die Bedeutung von "OpenAlex" hervor: "Sie ist die erste ernstzunehmende Konkurrenz für die kommerziellen Dienstleister und schüttelt den Markt derzeit gehörig durcheinander". 

Internationale Vorreiterinnen unter den Universitäten 

Einige Universitäten wie die Sorbonne hätten bereits auf offene Modelle umgestellt und ihre Verträge mit kommerziellen Anbietern wie "Scopus" und "Web of Science" gekündigt. Hauschke sieht in der Offenheit nicht das Ende für profitorientierte Unternehmen, sondern einen Anreiz zur Innovation. Er sagt gegenüber "Research.Table": "Die Exklusivität der Informationen, über die diese Unternehmen verfügen, ist mittlerweile gar nicht mehr so wichtig." Die Unternehmen entwickelten sich zu Anbietern von Informationsanalysen und böten neue Chancen für kleinere Akteure, die vorhandene Daten nutzen können. 

In Deutschland bestünde jedoch im internationalen Vergleich ein Mangel an Schnittstellen für Projektinformationen, was den Überblick über Forschung erschwere. Die Umsetzung der "Barcelona- Deklaration" und deren Auswirkungen sollen im September bei einer Veranstaltung in Paris überprüft werden. Waltman äußert seine Hoffnungen: "Meine Hoffnung ist, dass wir prioritär die Verhandlungen mit wissenschaftlichen Verlagen angehen". 

Die Reaktionen der betroffenen Unternehmen auf die Initiative seien gemäßigt positiv. "Clarivate" unterstützt die Ziele der Erklärung weitgehend, und "Elsevier" äußert sich ähnlich, indem es betont, dass man dieselben Ziele verfolge.

cva