Aufnahme eines DNA-Franzor-Komplexes mittels Kryoelektronenmikroskop.
MIT/Zhang lab

Genveränderungen
Crispr-ähnliche neue Genschere in Tieren entdeckt

Die Lebenswissenschaften haben ein neues Werkzeug, um Gene zu verändern: Die Genschere "Fanzor" funktioniert ähnlich wie die Crispr-Technologie.

30.06.2023

Forschende um Feng Zhang, Professor am Broad Institute des Massachusetts Institute of Technology (MIT), haben eine neue Genschere entdeckt und sie am Mittwoch im Fachmagazin "Nature" vorgestellt. Demnach kommt das neue Werkzeug namens Fanzor natürlicherweise in Pilzen, Pflanzen und Tieren vor, also in Zellen mit Zellkern. Es unterscheidet sich damit von der Genschere Crispr, die ursprünglich aus Bakterien stammt, die keinen Zellkern besitzen. An der Weiterentwicklung von Crispr war Zhang ebenfalls beteiligt, die nach aufwändiger Optimierung heute in menschlichen Zellen zur Gentherapie eingesetzt werden kann. Da Fanzor per se auch in tierischen Zellen vorkommt, bestehe die Hoffnung, dass sich die Technik leichter in menschlichen Zellen anwenden lässt als Crispr.

Die Funktionsweise von Fanzor ähnelt der von Crispr: Ein Protein beziehungsweise Enzym wird durch eine Hilfs-RNA exakt an die Stelle im Erbgut geführt, wo es die DNA schneiden soll. Über das MIT teilte Zhang mit: "Dieses neue System ist eine weitere Möglichkeit, präzise Veränderungen in menschlichen Zellen vorzunehmen, und ergänzt die bereits vorhandenen Genom-Editing-Tools."

Umprogrammierte Fanzor-Enzyme können demnach DNA-Stücke aus menschlichem Erbgut herausschneiden oder einsetzen, allerdings weniger effektiv als Crispr. Die Forschenden hätten die Effektivität der neuen Genschere aber bereits um das Zehnfache optimiert. Anders als einige Crispr-Systeme, die mitunter Fehler machen und neben dem gewünschten Ziel im Erbgut auch andere DNA-Abschnitte schneiden, haben die Forschenden laut der Studie bei einem bestimmten Fanzor-Enzym bislang keine "Kollateral-Aktivität" beobachtet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen daher, aus Fanzor effiziente Genom-Editoren für die Forschung und zur therapeutischen Anwendung entwickeln zu können.

Evolutionsbiologisch habe sich das Fanzor-Prinzip wahrscheinlich aus bakteriellen Vorläufertechniken entwickelt, bei denen sogenannte Omega-Proteine Stücke aus der DNA schneiden und andernorts im Erbgut wieder einsetzen. Diese DNA-Abschnitte werden springende Gene genannt. Möglicherweise seien die Gene für die Fanzor-Technik so irgendwann auf Lebewesen wie Tiere, Pflanzen und Pilze übergesprungen, deren Zellen einen Zellkern besitzen, sogenannte Eukaryoten. Die Forschenden wiesen Fanzor-Enzyme nun in Algen, Amöben, Pilzen und einer Muschel nach. Das zeige, dass ein solcher Mechanismus in allen Arten von Lebewesen vorhanden sei, auch in Eukaryoten.

ckr