Karinko und Weisman erhalten einen japanischen Forschungspreis
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Bekanntgabe
Nobelpreis für Medizin für die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen

Katalin Karikó und Drew Weissman werden für ihre Forschung zu mRNA-Impfstoffen geehrt. Damit konnte die COVID-Pandemie effektiv bekämpft werden.

02.10.2023

Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie wird an die in Ungarn geborene Forscherin Katalin Karikó und ihren US-Kollegen Drew Weissman verliehen. Das gab das Karolinska-Institut am Montagmittag in Stockholm bekannt. Geehrt werden die Forschenden für ihre Grundlagenforschung, die zur Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 führte. "Die Entdeckungen der beiden Nobelpreisträger waren entscheidend für die Entwicklung von wirkungsvollen mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19", erklärte das Institut auf seiner Internetseite.

"Ihre bahnbrechende Forschung hat unser Verständnis davon, wie mRNA mit dem Immunsystem interagiert, grundlegend verändert." Damit hätten die Forschenden zu einem "noch nie dagewesenem Tempo" bei Impfstoffentwicklung beigetragen, und das während einer "der größten Bedrohungen" für die Menschheit der letzten zweihundert Jahre.

Karikó lehrt und forscht an der University of Pennsylvania sowie der Szeged Universität in Ungarn. Weissman forscht mit ihr an der University of Pennsylvania und am Penn Institute for RNA Innovations.

Weitere Nobelpreise werden im Wochenverlauf bekanntgegeben

Im Vorjahr ging die prestigeträchtige Auszeichnung an einen einzelnen Preisträger: Der in Leipzig arbeitende schwedische Evolutionsforscher Svante Pääbo wurde damit für seine bahnbrechenden Erkenntnisse zur menschlichen Evolution geehrt. Seit der ersten Auszeichnung im Jahr 1901 haben insgesamt 225 Menschen den Medizin-Nobelpreis erhalten.

Der Nobelpreis in Medizin ist traditionell der erste, der bekannt gegeben wird. Darauf folgen üblicherweise am Dienstag und Mittwoch die Preise in Physik und Chemie sowie am Donnerstag der Literaturnobelpreis. Am Freitag wird dann der diesjährige Friedensnobelpreisträger gekürt - das ist der einzige der Nobelpreise, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo verkündet wird. Zurück in Stockholm folgt dann am darauffolgenden Montag der Nobelpreis in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften.

Die Nobelpreise gehen auf das Testament des Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Sie sollen diejenigen ehren, die der Menschheit in den einzelnen Kategorien im vorangegangenen Jahr den größten Nutzen erwiesen haben. Die zeitliche Vorgabe beachten die Vergabe-Institutionen meist nicht so genau. Feierlich überreicht werden die Preise traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Nobel.

Die Medizin-Nobelpreise der letzten fünf Jahre

2022: Svante Pääbo (Schweden) erhielt die Auszeichnung für seine Forschung zur menschlichen Evolution. Der in Leipzig tätige Wissenschaftler war der erste, der das Neandertaler-Genom entschlüsselte und gilt als Begründer der Paläogenetik.

2021: David Julius (USA) und der im Libanon geborene US-Forscher Ardem Patapoutian, die Zellrezeptoren entdeckt hatten, über die Menschen Temperaturen und Berührungen wahrnehmen.

2020: Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA), die maßgeblich zur Entdeckung des Hepatitis-C-Virus beigetragen hatten.

2019: William Kaelin (USA), Peter Ratcliffe (Großbritannien) und Gregg Semenza (USA). Sie hatten herausgefunden, wie Zellen den Sauerstoffgehalt wahrnehmen und sich daran anpassen.

2018: Der US-Amerikaner James Allison und der Japaner Tasuku Honjo für die Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs.

Karikó galt als Favoritin

Kalinka Karikó arbeitet mit dem Mainzer Unternehmen Biontech zusammen. Der Corona-Impfstoff von Biontech sowie der des US-Konzerns Moderna waren die ersten zwei mRNA-Produkte, die auf den Markt kamen. An der Technik bastelten Forscher jedoch schon vor mehr als 30 Jahren. Bereits Ende der 1980er Jahre schleusten drei Wissenschaftler – Robert Malone, Phil Felgner und Inder Verma – mRNA mit Hilfe von Fetttröpfchen in angezüchtete Zellen ein und brachten diese dazu, das gewünschte Protein herzustellen.

Ein Foto von der Pressekonferenz, wo die Medizinnobelpreisträger 2023 bekanntgegeben werden
Bei der Bekanntgabe in Stockholm picture alliance/dpa | Steffen Trumpf

Doch bald keimte die Gentechnik auf, in die viele Fördermittel flossen. Die damals in Ungarn forschende Katalin Karikó glaubte jedoch weiterhin an den Nutzen der mRNA für die Medizin. Sie blieb dem Molekül auch treu, als sie 1985 in die USA emigrierte.

Aus Mangel an Fördergeldern forschte Karikó im Labor zunächst weitgehend auf sich allein gestellt, ab 1998 auch mit Drew Weissman. Der entscheidende Durchbruch gelang dem Forschungsduo, als es einen Baustein der mRNA austauschte und die mRNA daraufhin nicht mehr in der Zelle abgebaut wurde. 

Trotz weiterer Tiefschläge setzte Karikó ihren Weg fort und traf 2013 Ugur Sahin, der mit seiner Frau Özlem Türeci Biontech gegründet hatte. Er habe ihr noch am selben Tag einen Job angeboten, sagte Karikó der "New York Times". Nach jahrelanger Zusammenarbeit ist sie seit Anfang Oktober 2022 nur noch beratend für das Unternehmen tätig.

dpa