Publizistik
Vertrauen in etablierte Medien steigt
Jeder vierte Bürger in Deutschland hält die Medien nicht für vertrauenswürdig und wirft ihnen gezielte Manipulation vor. Das zeigen neue repräsentative Befunde der Langzeitstudie "Medienvertrauen", die am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) durchgeführt wird.
Demnach stimmen 25 Prozent der Bevölkerung der Aussage zu: "Die Medien arbeiten mit der Politik Hand in Hand, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren." Ein Jahr zuvor stimmten 20 Prozent zu, 2016 waren es 27 Prozent. Den Vorwurf, die Medien würden die Bevölkerung in Deutschland systematisch belügen, teilen aktuell 16 Prozent (2017: 13 Prozent, 2016: 19 Prozent).
Zudem zeigen die Daten laut Mitteilung des Instituts, für die im Oktober/November 2018 insgesamt 1.200 Bürger ab 18 Jahren befragt wurden, dass 44 Prozent den etablierten Medien in wichtigen Fragen vertrauen (2017: 42 Prozent, 2016: 41 Prozent) – der höchste bisher gemessene Wert. 22 Prozent äußern grundsätzliches Misstrauen (2017: 17 Prozent, 2016: 22 Prozent). Die Gruppe derjenigen, die beim Vertrauen eine mittlere Position einnehmen ("teils, teils") ist so klein wie noch nie in den bisher fünf Umfragewellen der Mainzer Forschungsgruppe. Ihr Anteil beträgt nun 34 Prozent. Im Vorjahr waren es 41 Prozent, vor zehn Jahren noch 63 Prozent. Offenbar sehen sich viele Menschen angesichts einer polarisierten Debatte dazu veranlasst, auch selbst Position für oder gegen die Medien zu beziehen.
Zunehmende Entfremdung
Der Studie zufolge fühlen sich immer mehr Deutsche von den etablierten Nachrichtenmedien nicht mehr gut repräsentiert. Im Jahr 2017 stimmten 18 Prozent der Aussage zu: "Die Medien haben den Kontakt zu Menschen wie mir verloren." In der aktuellen Erhebung von Ende des Jahres 2018 vertreten nun 27 Prozent diese Auffassung. Von 36 auf 43 Prozent gestiegen ist auch die Wahrnehmung, dass die Medien die gesellschaftlichen Zustände ganz anders darstellen, als es die Bürger in ihrem eigenen Umfeld wahrnehmen.
Die Studie zeigt nach Ansicht der Autoren weiter, dass die Werte für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in der aktuellen Erhebungswelle leicht gesunken sind – 65 Prozent der Bevölkerung vertrauen der Berichterstattung (2017: 72 Prozent, 2016: 69 Prozent). Damit liege der öffentlich-rechtliche Rundfunk jedoch noch immer an der Spitze verschiedener Mediengattungen. Regionalzeitungen lägen mit 63 Prozent direkt dahinter. Überregionale Zeitungen werden demnach von 49 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig eingeschätzt. Die Daten zeigten allerdings auch, dass viele Menschen überregionale Zeitungen nicht (mehr) aus eigenem Lesen und Erleben kennen: So enthalten sich 22 Prozent der Befragten eines Urteils über die Glaubwürdigkeit der überregionalen Presse.
Internet und Social Media wenig vertrauenswürdig
Das Vertrauen in Internetquellen ist der Studie zufolge nach einem eklatanten Absturz im Vorjahr auch im Jahr 2018 gering. Nur 21 Prozent der Befragten vertrauen den Nachrichten auf Seiten von Suchmaschinen (2017: 23 Prozent) und nur vier Prozent den Nachrichten in sozialen Netzwerken (2017: drei Prozent). Der Anteil derjenigen, die Nachrichten in sozialen Netzwerken generell für nicht vertrauenswürdig halten, ist innerhalb eines Jahres sogar von 42 auf 51 Prozent angestiegen.
Insgesamt legen die Befunde nach Ansicht der Studienautoren nahe, dass das Vertrauen in die etablierten Medien im Zuge der "Lügenpresse"-Debatte keineswegs in großem Stil erodiert ist. Dennoch habe sich ein relevanter Kern an Kritikern herausgebildet, der die etablierten Medien pauschal verurteile. Sie fänden sich überdurchschnittlich häufig an den Rändern des politischen Links-Rechts-Spektrums. Sie seien formal niedriger gebildet, politisch weniger interessiert und blickten mit mehr Sorgen auf ihre wirtschaftliche Zukunft als diejenigen Bürger, die die etablierten Medien nicht pauschal verurteilten.
gri