Wahlplakate der CDU mit Hendrik Wüst und SPD mit Thomas Kutschaty nebeneinander als Werbung für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
picture alliance / Flashpic / Jens Krick

NRW-Landtagswahl 2022
Wahlprogramme weiterhin unverständlich

Am Sonntag wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Die Wahlprogramme der Parteien sind genauso unverständlich wie noch 2017, zeigt eine Studie.

09.05.2022

Die Wahlprogramme der Parteien zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 15. Mai sind für viele Laien schwer zu verstehen. Die Parteiprogramme sind mit durchschnittlich 8,2 Punkten genauso unverständlich wie bei der letzten NRW-Landtagswahl 2017 (8,1 Punkte). Im Bundesvergleich liegen sie damit im Mittelfeld. Das ist das Ergebnis einer Verständlichkeitsanalyse von Kommunikationswissenschaftlerinnen und Kommunikationswissenschaftlern der Universität Hohenheim in Stuttgart, wie diese am Montag mitteilten.

Mit einer Analyse-Software suchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Programmen unter anderem nach überlangen Sätzen, Fachbegriffen, Fremdwörtern und zusammengesetzten Wörtern. Anhand dieser Merkmale bildeten sie den "Hohenheimer Verständlichkeitsindex", der von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich) reicht.

Sie fanden laut Mitteilung unter anderem Bandwurmsätze mit bis zu 74 Wörtern (FDP), Wortungetüme wie "Krankenhausinvestitionskostenförderung" (CDU) und "Bürger*innenmedien-Kompetenzprojekte" (Grüne) oder Fachbegriffe wie "Hyperscaler" (SPD), "Cashcamp" (FDP), "Flowback" (Linke) und "Purpose-Unternehmer*innentum" (Grüne).

Das formal verständlichste Wahlprogramm in NRW habe in diesem Jahr die CDU mit 10,6 Punkten. 2017 habe die Partei mit 6,0 noch den letzten Platz belegt. Die Grünen und die Linke erreichten 2022 mit 8,4 Punkten Platz 2, gefolgt von SPD (8,2 Punkte) und AfD (7,5 Punkte). Den letzten Platz belege die FDP mit 6,2 Punkten. Zum Vergleich: Doktorarbeiten in Politikwissenschaft haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 4,3 Punkten. Hörfunk-Nachrichten kommen im Schnitt auf 16,4 Punkte.

Fachjargon und Verwaltungsdeutsch in Wahlprogrammen machen Inhalte unverständlich

Gut verständliche Passagen finden sich der Analyse zufolge bei allen Parteiprogrammen in den Einleitungen und im Schlussteil. Die Themenkapitel seien hingegen schwieriger zu verstehen, weil sie mehr Fachjargon und Verwaltungsdeutsch enthielten. In allen Wahlprogrammen fänden sich Verstöße gegen Verständlichkeitsregeln. Die häufigsten seien "Fremdwörter und Fachwörter, zusammengesetzte Wörter und Nominalisierungen, Anglizismen sowie lange Sätze und Schachtelsätze", sagte Dr. Claudia Thoms.

Das sei eine vertane Chance. "Obwohl nur sehr wenige Menschen die Wahlprogramme komplett durchlesen, sollen Wahlprogramme eigentlich dazu dienen, Wählerinnen und Wähler zu gewinnen oder zu halten", erklärte Professor Frank Brettschneider. Selbst, wenn diese nicht das gesamte Programm lesen, schauten sich einige zumindest für sie wichtige Themenpassagen an.

Deutlich wichtiger als die Verständlichkeit sei nach wie vor der Inhalt der Programme. "Formale Unverständlichkeit stellt aber eine Hürde für das Verständnis der Inhalte dar", so Brettschneider. Die Hohenheimer Forschenden haben in ihrer Langzeitstudie seit 2009 inzwischen mehr als 700 Landtags-, Bundestags- und Europawahlprogramme analysiert, teilweise auch rückwirkend.

ckr