Illustration von verschiedenen Personen in einem Gebäude
mauritius images/Ikon Images

Diskriminierung an Hochschulen
Gleiche unter Gleichen?

Eine Umfrage unter Professorinnen und Professoren liefert Einblicke, inwiefern sie sich an ihrer Hochschule diskriminiert fühlen.

Nachdem auf Twitter am 15. Oktober 2017 dazu aufgerufen wurde, dass alle Frauen, die unter sexueller Belästigung gelitten haben, den Hashtag #MeToo benutzen sollten, wurde dieser innerhalb von 24 Stunden mehr als eine halbe Millionen mal verwendet und auf Facebook zwölf Millionen Mal gepostet. Doch offensichtlich beschränken sich derartige Übergriffe nicht nur auf die Filmindustrie, sondern betreffen weite Teile der Arbeitswelt über alle Branchen hinweg, so auch die Wissenschaft.

Häufiger noch als sexuelle Belästigung kommt es im Arbeitsumfeld zu Entwertung, Diskriminierung und Mobbing. Das Ausmaß von Diskriminierung im Erwerbsleben findet dabei in der Regel vor allem in der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen sowie den mangelnden Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen seinen Ausdruck.

An Hochschulen scheinen diese klassischen Indikatoren für Geschlechterdiskriminierung aufgrund von Tarifordnungen und geringen monetären Spielräumen sowie vergleichsweise flachen Hierarchien auf Professorenebene weniger relevant. Daher interessierte im Rahmen der Professorenbefragung ProfQuest, ob und inwiefern Diskriminierung im universitären Arbeitsumfeld dennoch vorkommt.

Hierzu wurden Professorinnen und Professoren an den Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, kirchliche Hochschulen und Kunsthochschulen Bayerns um eine subjektive Selbsteinschätzung und Nennung der vermuteten Gründe gebeten. Nach der Stichprobenbereinigung verblieben die Antworten von 2.199 Professorinnen und Professoren im Datensatz. Das entspricht einer Rücklaufquote von durchschnittlich 33 Prozent über alle Hochschularten hinweg.

Gefühl der Diskriminierung hat vielfältige Gründe

Von den befragten Professorinnen und Professoren geben knapp zehn Prozent an, bisher an ihrer Hochschule Diskriminierung ausgesetzt gewesen zu sein. Dabei sind mit 17,6 Prozent mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer (8,0 Prozent) von Diskriminierung betroffen. Darüber hinaus gibt es je nach Fächergruppe offensichtliche Unterschiede hinsichtlich der  Diskriminierungshäufigkeit.

So geben Professorinnen und Professoren aus der Humanmedizin und den Gesundheitswissenschaften mit 13,1 Prozent überdurchschnittlich häufig an, an ihrer Hochschule diskriminiert worden zu sein. In den Sprach- und Kulturwissenschaften finden sich 11,9 Prozent und in der Mathematik und den Naturwissenschaften immerhin 10,5 Prozent.

Vergleichsweise wenig Diskriminierung erfahren Professorinnen und Professoren der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie in den Ingenieurwissenschaften (7,3 Prozent beziehungsweise 6,7 Prozent).

Eine Häufung diskriminierender Vorfälle wird insbesondere von der Professorenschaft der kirchlichen Hochschulen und Kunsthochschulen berichtet (14,8 Prozent), gefolgt von Universitätsprofessorinnen und -professoren mit 11,3 Prozent. An Hochschulen für angewandte Wissenschaften kommt es zu einer vergleichsweise geringen Diskriminierungsquote von 6,8 Prozent.

"Beinahe 60 Prozent der Frauen haben Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erlebt." Yvette E. Hofmann und Christiane Klug

Die Gründe sind vielfältig. Am häufigsten werden demnach Professorinnen und Professoren aufgrund ihrer fachlichen Disziplin bzw. ihrer fachlichen Ausrichtung diskriminiert (34,0 Prozent). Fast ein Viertel der befragten Professorenschaft gibt an, dass das Geschlecht ein häufiger Diskriminierungsgrund ist (22,2 Prozent). Weiterhin werden Alter (11,3 Prozent), Besoldung (7,7 Prozent), Herkunft (5,7 Prozent), unterschiedliche Arbeitsbedingungen (5,7 Prozent) und Konkurrenz bzw. Neid (4,6 Prozent) genannt. Darüber hinaus beklagen mehr als 16 Prozent der befragten Professorinnen und Professoren, dass sie an ihrem Arbeitsplatz regelrechtem Mobbing ausgesetzt sind.

Eine nach Geschlechterunterschieden differenzierte Betrachtung zeigt, dass beinahe 60 Prozent der Frauen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erlebt haben (57,4 Prozent), wohingegen nur sechs Prozent der Männer angeben, von Geschlechterdiskriminierung betroffen zu sein. Weit häufiger sehen sich Männer aufgrund ihrer Fachdisziplin oder ihrer fachlichen Ausrichtung Diskriminierungen ausgesetzt (35,3 Prozent).

Ähnlich hohe Werte berichten auch Frauen (31,1 Prozent). Neben der Fachrichtung und dem Geschlecht kommt es offensichtlich auch wegen des Alters (zu jung beziehungsweise zu alt) zu Abwertung und Diskriminierung im Arbeitsalltag an Hochschulen: Knapp 13 Prozent der Männer sehen hierin einen wesentlichen Grund und auch Frauen fühlen sich diesbezüglich diskriminiert (8,2 Prozent).

Daneben spielt die Eingruppierung in die "richtige" Besoldungsstufe für Männer mit 9,0 Prozent eine vergleichsweise wichtige Rolle, während hierin nur 4,9 Prozent der Frauen einen Diskriminierungsgrund sehen, was vor allem wegen dem ansonsten im Berufsleben vorherrschenden Lohngefälle zwischen Männer und Frauen ein beachtliches Ergebnis ist.

Hingegen geben Professorinnen häufiger als ihre männlichen Kollegen an, aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert zu werden. Arbeitsbedingungen und Konkurrenz bzw. Neid sind für Männer gleich häufig Grund, sich diskriminiert zu fühlen (6,8 Prozent). Darüber hinaus wird sowohl von Professorinnen und Professoren ähnlich häufig davon berichtet, dass sie in ihrem hochschulischen Umfeld Mobbing ausgesetzt sind.

Die fachspezifische Untersuchung macht sichtbar, dass es auch hier Gemeinsamkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede hinsichtlich zentraler Diskriminierungsgründe gibt. So wird die Fachdisziplin beziehungsweise die fachliche Ausrichtung zwar von allen Fachgruppen als häufigster Grund angegeben, warum man einer Diskriminierung ausgesetzt war beziehungsweise ist; allerdings sehen sich Professorinnen und Professoren aus dem Bereich der Sprach- und Kulturwissenschaften mit diesem Sachverhalt sehr viel häufiger konfrontiert als beispielsweise Human- beziehungsweise Gesundheitswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (39,3 Prozent beziehungsweise 25,0 Prozent).

Analog wird in den meisten Fachgruppen im Geschlecht der zweithäufigste Diskriminierungsgrund gesehen. Lediglich für Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften sind Alter und Besoldung häufigere Diskriminierungsgründe als das Geschlecht, Herkunft und Arbeitsbedingungen (21,4 und 17,9 Prozent beziehungsweise jeweils 10,7 Prozent). Mobbing wird vergleichsweise oft von Professorinnen und Professoren der Sprach- und Kulturwissenschaften, der Mathematik, den Naturwissenschaften sowie den Ingenieurwissenschaften angegeben.

Diskriminierung in der Wissenschaft präsent

Jeder Zehnte der knapp 2.200 Professorinnen und Professoren gibt an, Diskriminierung im Berufsalltag ausgesetzt zu sein. Kommt es zu diskriminierendem Verhalten, so zeigt sich, dass zum Beispiel an Universitäten deutlich mehr Professorinnen und Professoren wegen ihrer Fachzugehörigkeit diskriminiert wurden beziehungsweise werden als wegen ihres Geschlechtes.

So wird immer wieder davon berichtet, dass man als alleiniger Vertreter eines (Orchideen-)Fachs von seinen Kolleginnen und Kollegen belächelt, dominiert und ausgegrenzt wird. Darüber hinaus geben mehr als 21 Prozent der Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften an, sogar Mobbing ausgesetzt zu sein. Diskriminierung ist demnach trotz des Objektivitätsanspruchs der Wissenschaft an Hochschulen präsent und sollte offen thematisiert werden.