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Tarifvertrag
Verhandlungsmöglichkeiten für Wissenschaftler

Wissenschaftliche Mitarbeiter werden an Hochschulen meist nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlt. Welche Spielräume gibt es bei der Stufenzuordnung?

Von Vanessa Adam 30.11.2019

Das System der W-Besoldung sieht für Professorinnen und Professoren die Möglichkeit einer Verhandlung von Leistungsbezügen zusätzlich zu ihrem W-Grundgehalt vor. Insbesondere an Universitäten ist bei Berufungen auf W2 und W3 beziehungsweise bei externem Ruf die Verhandlung von Berufungs- beziehungsweise Bleibeleistungsbezügen möglich. Außerdem können besondere Leistungen mit besonderen Leistungsbezügen honoriert und für die Übernahme von Funktionen an der Hochschule Funktionsleistungsbezüge gewährt werden. Dies gilt entsprechend auch für angestellte Professorinnen und Professoren. Demgegenüber findet mit dem nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) vergüteten wissenschaftlichen und künstlerischen Personal an Hochschulen meist keine Vergütungsverhandlung statt. Der Grund hierfür liegt in den tariflichen Vergütungsgrundsätzen des TV-L. Weder die Eingruppierung in eine der 15 Entgeltgruppen des TV-L noch die Zuordnung zu einer der sechs Erfahrungsstufen in den Entgeltgruppen ist frei verhandelbar. Eingruppierung und Einstufung ergeben sich vielmehr nach einem Schema, das auch als "Tarifautomatik" bezeichnet wird.

Eingruppierung TV-L

Maßgeblich für die Eingruppierung von TV-L-Beschäftigten bei Einstellung in eine der 15 Entgeltgruppen ist die auszuübende, also die vom Arbeitgeber festgelegte Tätigkeit auf der zu besetzenden Stelle. In der Regel sind Tätigkeit und Eingruppierung schon aus der Stellenausschreibung ersichtlich, zudem wird in der Regel eine schriftliche Stellenbeschreibung erstellt. Die für die jeweilige Entgeltgruppe zu erfüllenden Eingruppierungsmerkmale legt der ­TV-L in einer Entgeltordnung fest. So setzt zum Beispiel die Eingruppierung in Entgeltgruppe 13 TV-L (EG 13) für Beschäftigte in der Forschung voraus, dass es sich um Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit in der Forschung oder um sonstige Beschäftigte handelt, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. Für eine Eingruppierung von Beschäftigten in der Forschung in EG 14 muss sich die Tätigkeit dadurch aus der EG 13 herausheben, dass mindestens zu einem Drittel schwierige Forschungsaufgaben zur selbstständigen und verantwortlichen Bearbeitung übertragen sind. Selbstständigkeit und Schwierigkeit der Aufgaben werden durch den Arbeitgeber im Rahmen der Einstellung als Grundlage der Eingruppierung festgestellt.

Zuordnung zu ­Erfahrungsstufen

Bei Einstellung erfolgt die Zuordnung zu den Erfahrungsstufen innerhalb der Entgeltgruppe nach der einschlägigen Berufserfahrung, die die einzustellende Person mitbringt. Ohne einschlägige Berufserfahrung erfolgt die Einstufung in Stufe 1. Stufe 2 wird nach einem Jahr in Stufe 1, Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2 erreicht und so weiter bis zur Stufe 6. Bei Neueinstellungen von nichtwissenschaftlichem Personal sieht der TV-L als Regelfall eine Deckelung höchstens auf Stufe 3 vor, bei wissenschaftlichem Personal kann dagegen eine längere einschlägige Berufserfahrung auch zu einer höheren Einstufung führen. Als einschlägige Berufserfahrung definiert der TV-L eine Berufserfahrung in der auszuübenden oder übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. So ist zum Beispiel eine wissenschaftliche Mitarbeit an einer anderen Hochschule oder Forschungseinrichtung in EG 13 als einschlägige Berufserfahrung bei der Einstellung an einer neuen Hochschule als wissenschaftliche Mitarbeiter in EG 13 zu werten. Nicht einschlägig sind dagegen Berufserfahrungszeiten in einer niedrigen Entgeltgruppe.

Liegt Berufserfahrung vor, die nicht einschlägig, aber für die Tätigkeit an der Hochschule förderlich ist, hat die Hochschule die Möglichkeit, diese bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Rahmen einer Ermessensentscheidung ganz oder teilweise zu berücksichtigen. Bei einer Neueinstellung kann es sich daher gegebenenfalls lohnen, mit der Personalabteilung über die Anerkennung von "förderlichen Zeiten", also Berufserfahrungszeiten zu verhandeln, die nicht vollständig der neuen Tätigkeit entsprechen, die aber für die neue Tätigkeit nützlich sind. Da die Anerkennung nur zur "Deckung des Personalbedarfs" möglich ist, ist allerdings Voraussetzung, dass ein quantitativer oder qualitativer Mangel an geeigneten Bewerbern vorliegt.

Wird die gewünschte Stufe trotz aller Bemühungen nicht erreicht, so ermöglicht der TV-L unter engen Voraussetzungen eine so genannte "Stufenvorweggewährung". Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt vorweg gewährt werden. Hierdurch ist es zum Beispiel möglich, zur Personalgewinnung ein höheres Gehalt anzubieten oder ein "Bleibeangebot" zu machen. Beschäftigte der Endstufe können eine Zulage in Höhe von 20 Prozent der Stufe 2 ihrer Entgeltgruppe erhalten. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Entgelt der Endstufe sind sogar bis zu 25 Prozent der Stufe 2 möglich, wenn sie entweder aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation besondere projektbezogene Anforderungen erfüllen oder wenn eine besondere Personalbindung beziehungsweise Personalgewinnung erreicht werden soll.

Weitere Zulagen

Die Sonderregelungen des TV-L für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungsreinrichtungen (Paragraph 40 Nummer 6 zu Paragraph 18 TV-L) sehen zudem drei weitere Zulagenkategorien vor. Zunächst besteht die Möglichkeit einer Sonderzahlung an Beschäftigte im Drittmittelbereich. Diese setzt voraus, dass nach Deckung der Einzel- und Gemeinkosten des Drittmittelvorhabens entsprechende Erträge aus Mitteln privater Dritter verbleiben. Bei öffentlichen Drittmitteln ist die Sonderzahlung nicht möglich. Die Beschäftigten müssen außerdem besondere Leistungen vorweisen. Diese können entweder als Beitrag zur Einwerbung der Drittmittel oder bei der Erstellung einer für die eingeworbenen Mittel zu erbringenden Leistung erfolgt sein. Die Sonderzahlung an Beschäftigte im Drittmittelbereich kann bis zu zehn Prozent des jeweiligen Jahrestabellenentgelts betragen.

Daneben ermöglicht der TV-L die Gewährung von Leistungszulagen für die Erbringung dauerhafter oder projektbezogener besonderer Leistungen. Die Leistungszulagen können unbefristet oder befristet gewährt werden. Es können auch Regelungen dazu getroffen werden, ob sie zum Beispiel mit einem Aufstieg in eine höhere Erfahrungsstufe abgeschmolzen werden oder unter welchen Voraussetzungen sie – zum Beispiel bei Leistungsabfall – widerrufen werden können. Eine Deckelung der Höhe nach sieht der TV-L, anders als bei Sonderzahlungen im Drittmittelbereich, nicht vor.

Als Alternative zur Leistungszulage ermöglicht der TV-L außerdem die Vergabe von einmaligen Leistungsprämien an Beschäftigte, die besondere Leistungen erbracht haben. Der TV-L deckelt die Leistungsprämie nicht auf ein bestimmtes Volumen und definiert auch die "besonderen Leistungen" nicht genauer, so dass die Leistungszulage ein relativ flexibles Instrument zur Leistungshonorierung ist.

Zwar ist es daher im Ergebnis richtig, dass der TV-L vom Grundsatz her keine freien Gehaltsverhandlungen ermöglicht. Gerade für den Hochschulbereich enthält er jedoch mit den Möglichkeiten einer höheren Stufenzuordnung und der Gewährung von Leistungsentgelten durchaus einen Spielraum, der für eine Verbesserung der Vergütung angestellter Wissenschaftler genutzt werden kann.