Frau reibt sich gestresst die Augen während sie vor einem Laptop im Homeoffice sitzt
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Publikationen und mentale Gesundheit
Wie die Pandemie Wissenschaftlern schadet

Die Corona-Pandemie hat die Produktivität und psychische Gesundheit von Forschenden beeinträchtigt. Schnelle Besserung ist nicht zu erwarten.

10.11.2021

Forschende weltweit haben auf verschiedenste Weise unter der Corona-Pandemie und ihren Konsequenzen gelitten. Die häufigsten Nachteile waren eine gesunkene Produktivität und Beeinträchtigungen der mentalen Gesundheit. Am stärksten betroffen waren Frauen und Eltern kleiner Kinder, zeigen Umfragen. Zwei Studien belegen ernste Folgen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Europa und den USA, die noch jahrelang anhalten könnten. Maßnahmen zur Unterstützung besonders vulnerabler Gruppen seien dringend notwendig, mahnen die Autorinnen und Autoren. Gleichzeitig bestehe Hoffnung: Die Studien belegten auch erste Anzeichen für eine langfristige Erholung der Akademikerinnen und Akademiker von den Pandemiefolgen, berichtete "Nature" am Dienstag.

Befragt wurden für die erste, im Oktober veröffentlichte Studie laut Bericht insgesamt rund 7.000 Forschende aus Europa und den USA im April 2020 und im Januar 2021. Demnach hätten die Befragten zu Beginn der Pandemie 7,1 Wochenstunden beziehungsweise 14 Prozent weniger Zeit in Forschungsarbeit investiert als vor der Pandemie, Anfang des Jahres betrug die Differenz dann nur noch 2,2 Wochenstunden beziehungsweise vier Prozent. Die wiedergewonnene Zeit widmeten sie vorwiegend liegengebliebenen Projekten aus dem Pandemiejahr. Die Anzahl neuer Projekte habe sich gegenüber 2019 deutlich reduziert (minus 26 Prozent im Schnitt), insbesondere bei Forschenden aus nicht Covid-bezogenen Bereichen (minus 41 Prozent). Absolut entspreche der Rückgang neuer Forschungsprojekte dem Verlust eines neuen Projekts pro Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler im Jahr 2020.

Auch der Output in Form von Publikationen sei bei Forschenden, die nicht zu Corona arbeiteten, um neun Prozent gesunken. Der Bericht warnt vor einer Kettenreaktion: weniger neue Ideen bedeuteten weniger Publikationen und weniger Fördermittel. Das wahre Ausmaß des Schadens werde est in den nächsten Jahren sichtbar sein. Betroffen sind der Umfrage zufolge besonders Akademikerinnen und Akademiker, die Forschungszeit zugunsten der Betreuung ihrer Kinder reduzieren mussten. Auch zahlreiche ähnliche Studien belegen einen Gender-Publication-Gap durch Corona, einige Studien zudem eine Publikationslücke zwischen People of Color und weißen Autorinnen und Autoren.

Die zweite Studie, die ebenfalls im Oktober veröffentlicht wurde, hat im Frühjahr 2021 die mentale Gesundheit von rund 2.000 Hochschulangehörigen in Großbritannien untersucht. Demnach steht es schlecht um die Psyche der Akademikerinnen und Akademiker, was wiederum deren Motivation für neue Forschungsprojekte und Kooperationen dämpfen könne. Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, sich mindestens einmal pro Woche emotional ausgelaugt zu fühlen – ein Maß für Burnout – und mehr als ein Viertel gaben an, dass sie sich jeden Tag so fühlten. Angst und Stress verursacht habe den Autoren zufolge der erhöhte Druck, insbesondere durch die Online-Lehre, dem sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Pandemie ausgesetzt sahen.

ckr