Eine Frau und ein Mann sitzen mit ihrem Kind am Tisch und versuchen zu arbeiten.
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Publikationen
Wie sich Corona auf Eltern in der Wissenschaft auswirkt

Frauen publizieren in der Coronazeit weniger als Männer. Das gilt vor allem für Mütter. Viele fordern strukturelle Anpassungen.

09.12.2020

Der Großteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Kind hat in der Coronazeit weniger publiziert als geplant. Das gilt laut einer Befragung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) vor allem für Frauen. 73 Prozent der befragten Professorinnen mit Kind gaben an, im April und Mai weniger Artikel eingereicht zu haben, als geplant. Bei Professoren mit Kind lag der Anteil bei 54 Prozent.

Die gemessene Geschlechterdifferenz wirkt sich auch auf die Gesamtzahlen aus. Während 57 Prozent der Professorinnen – mit und ohne Kind – angaben, weniger eingereicht zu haben, waren es bei den Männern nur 37 Prozent. 36 Prozent der Frauen und 54 Prozent der Männer haben soviel eingereicht wie geplant. Das sind laut Umfrage bei Professorinnen 1,6 Artikel und bei Männern 1,4 Artikel für den Zeitraum April und Mai.

Kinderbetreuung: Haupt-Zeitfresser im Corona-Frühling

Die Tatsache, dass Eltern deutlich weniger Artikel eingereicht haben als der Schnitt der Befragten, passt zu den von ihnen genannten Gründen. Die Kinderbetreuung wurde von denjenigen, die weniger Zeit zum publizieren hatten als vor der Coronazeit, am häufigsten genannt (87 Prozent). Dahinter folgte die Online-Lehre, die drei Viertel der Befragten angaben. Mit deutlichem Abstand folgte als Grund, dass Ko-Autorinnen und Ko-Autoren weniger Zeit gehabt hätten (30 Prozent). Die Befragten konnten mehrere Gründe angeben.

Eine Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass die Kinderbetreuung bei der Bewertung der Publikationsproduktivität von Bewerberinnen und Bewerbern künftig stärker berücksichtigt werden sollte (62 Prozent). Frauen sagten dies deutlich häufiger (81 Prozent) als Männer (55 Prozent). Auch zwischen den Fächern bestehen Unterschiede: In den Sozialwissenschaften und der Germanistik plädierten 72 beziehungsweise 74 Prozent für eine solche Berücksichtigung, in den Wirtschaftswissenschaften, Physik und Mathematik zwischen 54 Prozent und 57 Prozent. Die Differenz stimmt laut Autorinnen der Studie in etwa mit den Anteilen von Professorinnen in den jweiligen Disziplinen überein. 

Befragt wurden insgesamt 1.600 Professorinnen und Professoren aus Mathematik, Physik, den Wirtschaftswissenschaften, Sozialwissenschaften und Germanistik. Das entspricht laut Berechnungsgrundlage des WZB einem Anteil von 16 Prozent ihrer Gesamtzahl an den Hochschulen. 28 Prozent der Befragten waren Professorinnen, was circa der Repräsentanz in den verschiedenen Disziplinen entspreche.

kas