weibliche und männliche Hand, kurz vor der Berührung
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Frauenförderung an Hochschulen
Wissenslücken behindern Gleichstellung an Universitäten

Forscher haben untersucht, wie Professoren über Gleichstellung an Hochschulen denken. Das Ergebnis: Mangelhaftes Wissen und wirkungslose Strukturen.

28.05.2019

Die meisten Professorinnen und Professoren an deutschen Hochschulen befürworten Gleichstellung und sind sich der Relevanz der Thematik bewusst. Viele sehen jedoch einen Zielkonflikt zwischen Gleichstellung und der Norm der Bestenauslese im Sinne der Exzellenz.  Diese sind ihrer Ansicht nach unvereinbar. Beide Geschlechter erleben Wissenschaft als eine "Kampfarena", in der sie sich ständig beweisen müssen. Das geht aus einer Studie der Universität Duisburg-Essen hervor.

Forscherinnen vom Institut für Soziologie analysierten, was Professorinnen und Professoren über Gleichstellung wissen und wie sie diese in Forschung, Lehre und Verwaltung umsetzen. Dazu befragten sie 40 Professoren und Professorinnen aus unterschiedlichen Fachgebieten – im Hinblick darauf, dass diese Gruppe als Führungskräfte und "Gatekeeper" den Prozess an Hochschulen maßgeblich beeinflussten.

Stereotype Rollenmodelle

Demnach vertreten Professorinnen und Professoren auch stereotype Geschlechterbilder. Sie schrieben Frauen im Hochschulsystem eine verminderte Risikobereitschaft und Machtaffinität zu und sahen diese als Nachteil. Vor allem Deutungsmuster bei familiären Verpflichtungen böten laut der Studie beiden Geschlechtern immer noch vielfältige Begründungen für ungleiche Karrierechancen von männlichen und weiblichen Wissenschaftlern. Frauen würde nach wie vor die primäre Verantwortung für die Kinderbetreuung zugeschrieben, von Befragten beiderlei Geschlechts.

Entsprechend stießen hochschulpolitische Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen bei den Interviewten generell auf Zustimmung, Quoten in Berufungsverfahren und andere Maßnahmen zur Verteilung von Macht jedoch auf Widerstand und Kritik.

Selbst aktiv werden wollten die meisten Befragten jedoch nicht, aus Sorge durch ein Vorantreiben der Gleichstellung selbst an Ansehen zu verlieren. Nur Professorinnen und Professoren mit einem starken Standing könnten Gleichstellung unbeschadet vorantreiben, so die Meinung der Befragten.

Die meisten Interviewten sähen ihre eigene Rolle im Gleichstellungsprozess als geringfügig an. Sie sähen sich trotz ihres faktischen Einflusses als Vorgesetzte nicht verantwortlich dafür, die Bedingungen für den Nachwuchs zu verbessern.

Wissen über Genderfragen beschränkt

Zwar wüssten die Befragten über existierende, ungleiche Karrierechancen Bescheid, weniger jedoch über die "symbolische Dimension von Geschlecht". Auf gendergerechte Sprache reagierten die Befragten laut Studie emotional. Auch kannten die meisten Befragten nur einen kleinen Teil der existierenden Maßnahmen, um gesellschaftliche Gleichstellung zu erreichen. Bekannt war ihnen vor allem die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten in Berufungskommissionen und konkrete Maßnahmen an Hochschulen. Gut über Genderfragen informiert seien dagegen in der Gremienarbeit aktive Interviewpartner.

Die Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der DFG (FoGs), denen die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen eine hohe Bedeutung beimessen, waren den Professoren und Professorinnen laut der Studie weitestgehend unbekannt. Dadurch könnten die Standards der DFG nicht zum Tragen kommen.

Wissen und Strukturen sollen ausgeweitet werden

Nach Ansicht der Wissenschaftler müsse das Wissen über Genderthemen stärker gefördert werden und Professoren und Professorinnen durch Schulungen weiter sensibilisiert werden. Vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte verstärkt als Männerthema adressiert werden, auch um Stereotypen aufzubrechen. Dafür sieht die Studie die Politik auf Bundes-, Landes- und Hochschulebene verantwortlich.

Handlungsbedarf sehen die Forscherinnen auch darin, überdurchschnittliches Engagement von Frauen in der Gremienarbeit zeitlich auszugleichen. Durch Gremienarbeit bleibe weniger Zeit für Projekte und Publikationen, die für die wissenschaftliche Reputation maßgeblich seien.

Es fehlten übergeordnete Strukturen, um gleiche Teilhabe an Hochschulen zu erreichen, so die Studie. Existierende Einzelmaßnahmen an Hochschulen sollten nach Ansicht der Wissenschaftler in eine verbindliche Strategie eingeordnet werden. Viele der Initiativen seien bislang zeitlich befristet und könnten durch ihren Projektcharakter nicht viel bewirken. Zudem fordern sie Sanktionen und Konsequenzen bei Missachtung der Gleichstellung.

ckr