Ein Handy zeigt das Logo von ChatGPT an und schwebt über einem Lehrbuch
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KI im Unterricht
Wenn ChatGPT "Woyzeck" umschreibt

Ob Schule oder Hochschule: KI-Methoden werden bald Teil des Lehralltags sein. Erste Erfahrungen werden bereits gesammelt.

12.09.2023

Zurzeit diskutiert das ganze Land über den Einsatz von KI-Methoden in Schulen und Hochschulen. Schülerinnen und Schüler am Lessing-Gymnasium in Karlsruhe sind schon einen Schritt weiter: Mit ihrer Lehrerin Daniela Matz haben sie den Chatbot ins Klassenzimmer geholt. Die Frage: Was kann ChatGPT aus Georg Büchners "Woyzeck" machen?

"Ich habe ChatGPT ausprobiert und für mich war schnell klar, dass das die Schreibkultur verändern wird - an den Schulen, aber auch grundsätzlich", sagt Matz. "Daher macht es keinen Sinn, an den Schulen so zu tun, als gäbe es das nicht." Also durften ihre Elftklässler mit Hilfe des Chatbots Büchners Dramentext in eine Erzählung umschreiben und die Ergebnisse diskutieren.

In der Wissenschaft ist das Interesse an den Erfahrungen mit dem Projekt groß. So stellte Matz das Projekt vor den Sommerferien bei einer Konferenz zum Thema Deutschunterricht in Zeiten von Chatbots und KI an der Ludwig-Maximilians-Universität München vor. Expertinnen und Experten aus Deutschland und Österreich diskutierten dort einen Tag lang über Textproduktion an Schulen, KI-Methoden als Schreibbegleiter und neue Aufgabenstellungen. Eine treibende Frage dabei war, ob KI-Methoden den Schülerinnen und Schülern die Arbeit abnehmen.

Braucht es den aktiven Einsatz von ChatGPT in der Hochschullehre?

Ganz so einfach war es laut Matz für ihre Schüler aber nicht. Manche nutzten den Chatbot von Anfang an, andere erst, wenn sie selbst eine klare Vorstellung vom gewünschten Ergebnis hatten. Dazu sei einiges an Vorarbeit nötig gewesen, sagt Matz. Zuerst habe die Klasse die Lektüre gelesen und sich intensiv mit dem Drama beschäftigt. Erst dann sei die Schreibaufgabe dazu gekommen.

Die Schüler mussten dann so genannte Prompts, also Befehle, an den Chatbot verfassen und die KI mit Informationen füttern, damit diese ihnen Textfragmente liefert. Doch nicht alles, was ChatGPT den Schülerinnen und Schülern anbot, war auch verwertbar, wie sie schnell feststellten.

Deshalb sollten Lernende an Schulen und Hochschulen den aktiven Einsatz von Methoden der KI lernen, argumentiert auch Professor Dr. André Marchand in Forschung und Lehre. In einem Beitrag schreibt er, es sei davon auszugehen, dass KI-Methoden wie ChatGPT, auch "Large Language Models" (LLM) genannt, im Hochschulalltag selbstverständlich würden. "Daher sollten Lehrkräfte sowie Studierende lernen, sie aktiv einzusetzen", so Marchand weiter. "Eine wichtige, von Studierenden zu erwerbende Schlüsselkompetenz im Schreibprozess wird es sein, nach einer ersten Auseinandersetzung mit dem Thema die richtigen Fragen an die LLM zu stellen sowie Texte inhaltlich und formal kritisch zu beurteilen und entsprechend zu verbessern." So könne auch die Qualität universitärer Abschlussarbeite erheblich gesteigert werden, argumentiert Marchand.

dpa/cle