Hochschulzugang
Zahl der Studierenden ohne Abitur auf neuem Höchststand
Aktuell studieren an deutschen Hochschulen mehr als 70.000 Menschen ohne Abitur. Damit hat sich die Zahl der Studierenden, die sich beruflich für ein Studium qualifizieren, zwischen 2011 und 2021 mehr als verdoppelt. Laut der am Dienstag veröffentlichten diesjährigen Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung hat ihr Anteil mit 2,4 Prozent aller Studierenden in Deutschland einen neuen Höchstwert erreicht. Auch unter den Studienanfängerinnen und Studienanfängern sowie Absolventinnen und Absolventen stiegen die Anteile der Personen ohne Abitur und Fachhochschulreife.
"Schätzungsweise vier von fünf Personen in Deutschland könnten aufgrund ihrer schulischen oder beruflichen Qualifikation ein Studium aufnehmen – und immer mehr nutzen auch diese Option", bilanziert Professor Frank Ziegele, der Geschäftsführer des CHE.
Besonders viele beruflich qualifizierte Erstsemester studierten in Thüringen (13,5 Prozent), Hamburg und Bremen (jeweils etwa 5 Prozent). Hauptverantwortlich für den ungewöhnlich hohen Wert in Thüringen sei die IU Internationale Hochschule mit Hauptsitz in Erfurt, die rund ein Viertel aller Erstsemester ohne Abitur in Deutschland verzeichne. Auch die FernUniversität Hagen und die private Diploma Hochschule mit Hauptsitz in Bad Sooden-Allendorf seien unter Erstsemestern beliebt, die über berufliche Studienzugangsberechtigungen verfügen.
Private Hochschulen besonders beliebt bei beruflich qualifizierten Studienanfängern
Das CHE beobachtet allgemein einen "Boom bei den privaten Hochschulen": Fast die Hälfte der Erstsemester ohne Abitur oder Fachhochschulreife schrieben sich an einer privaten Hochschule ein. Grund dafür sei deren meist sehr flexibles Studienangebot mit hohen Anteilen von E-Learning, das auch in Teilzeit absolviert werden könne. "Dies kommt berufserfahrenen Studierenden oftmals entgegen", so Dr. Sigrun Nickel, die die Hochschulforschung beim CHE leitet.
Im Vergleich der Hochschultypen liegen die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) der CHE-Auswertung zufolge vorne: Drei Viertel aller Studienanfängerinnen und Studienanfänger ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung entschieden sich 2021 für ein HAW-Studium, Universitäten wählten rund 22 Prozent und nur drei Prozent Kunst- und Musikhochschulen. Zehn Jahre zuvor hätten sich noch 50 Prozent der Erstsemester ohne Abitur oder Fachhochschulreife für ein Universitätsstudium entschieden.
90 Prozent der beruflich qualifizierten Studierenden belegten ein Bachelorstudium, ein Masterstudium sei eher selten. Mehr als die Hälfte wählte laut CHE einen Studiengang aus den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Im Fach Medizin haben nur ein Prozent aller Erstsemester kein Abiturzeugnis.
Voraussetzung für einen Studienplatz ohne allgemeine Hochschulreife und Fachhochschulreife sind in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie der Nachweis von Berufserfahrung oder der Abschluss einer beruflichen Aufstiegsfortbildung. Die genauen Voraussetzungen unterscheiden sich allerdings von Bundesland zu Bundesland.
cpy