Kollegen im Videocall
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Arbeiten im Homeoffice
"Langsam bemerkt man eine gewisse 'Zoom Fatigue'"

Am Institut für Beschäftigung und Employability ist mobiles Arbeiten seit Jahren der Standard. Was sagt Direktorin Jutta Rump zur Coronazeit?

Von Katrin Schmermund 11.08.2020

Forschung & Lehre: Frau Professorin Rump, bei unserem letzten Gespräch habe ich Sie zwischen Check-in und Security am Frankfurter Flughafen erwischt – und jetzt?

Jutta Rump: …hat es auch mich ins Homeoffice verschlagen. Zum Glück waren wir im Team für die Arbeit von zu Hause ausgestattet. Unser Institut begreifen wir seit dessen Gründung als Experimentierraum, in dem wir Konzepte, zu denen wir forschen, auch selbst erproben wollen. Die meisten von uns haben daher schon vor Corona mobil gearbeitet. Nur wenige waren dauerhaft in unseren Büros in Ludwigshafen.

Sie fühle sich an ihrem Institut manchmal wie ein Gast, sagte Professorin Jutta Rump 2019 im Gespräch mit Forschung & Lehre. Vor Corona war die Direktorin des ibe-Instituts meist auf Terminen. Ihr Team führte sie von unterwegs. privat

F&L: Was hat sich durch die Corona-Pandemie verändert?

Jutta Rump: Im Team arbeiten wir wie vorher. Der Arbeitsalltag ist aber ein anderer, weil wir lange keine Vor-Ort-Termine hatten und unsere Partnerinnen und Partner alle weitestgehend von zu Hause arbeiten. Das war vorher nicht so. Statt sich persönlich zu treffen, läuft daher der Großteil der Absprachen per Videokonferenz. Außerdem erhalten wir deutlich mehr Anfragen zur mobilen Arbeit als vor der Coronazeit – oft von Instituten und Unternehmen, die sich selbst digital besser aufstellen wollen.

F&L: Welche Fragen sind das?

Jutta Rump: Bei Teams, die vor Corona weitestgehend vor Ort gearbeitet hatten, waren es als erstes technische Fragen: Welche Ausstattung brauchen wir? Wie stellen wir den Schutz von Daten sicher? Danach stellten sich Fragen zur Gestaltung von Arbeitsprozessen: Wie können Aufgaben verteilt und die Zusammenarbeit koordiniert werden? Schließlich war plötzlich das gesamte Team im Homeoffice, während es vorher meist nur einzelne Personen an bestimmten Tagen waren. War auch das geklärt, rückten die Teammitglieder stärker in den Blick: Wie geht man als Führungskraft auf die Einzelnen ein? Was kann man für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun? Wie das Team zusammenhalten? Insgesamt wurden in kürzester Zeit extreme Fortschritte gemacht. Trotzdem ist es gut, dass wieder erste Präsenztermine stattfinden können. So langsam bemerkt man doch eine gewisse "Zoom Fatigue".

"Mit dem Klick auf 'Meeting verlassen' sitzt man plötzlich wieder alleine im Raum."

F&L: Genug der Videokonferenzen?

Jutta Rump: Anfangs haben wir uns alle hochmotiviert in eine Videokonferenz nach der anderen gestürzt. Die einen haben schlicht das Beste aus der Situation machen wollen, andere haben die Vorzüge der digitalen Zusammenarbeit erkannt. Es ist ja auch praktisch: Man schafft viel mehr Termine am Tag als sonst. Allerdings sind Videokonferenzen viel anstrengender als persönliche Gespräche. Sitzt man bei einem Meeting vor Ort in U-Form gibt es immer diese Momente, in denen sich alle Augen von einem abwenden und man kurz abschalten kann. Bei Videokonferenzen geht das nicht. Man muss immer präsent sein und am Ende des Arbeitstags ist man oft ganz schön geschlaucht. Belastend kann auf Dauer auch der harte Bruch nach einem Videocall sein: Mit dem Klick auf "Meeting verlassen" sitzt man plötzlich wieder alleine im Raum. Bei einem persönlichen Treffen würde man sich im Anschluss noch kurz austauschen und auf dem Weg zum nächsten Termin oder nach Hause anderen Leuten begegnen.

F&L: Welche Fähigkeiten helfen beim mobilen Arbeiten?

Jutta Rump: Für ganz entscheidend halte ich ein gutes Selbstmanagement und Widerstandsfähigkeit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kennen das: Man erlebt immer wieder teils lange Phasen, in denen man auf sich alleine gestellt ist. Dafür muss ich mich nicht nur gut organisieren, sondern auch so robust sein, dass mich die selbstständige Arbeit nicht belastet und ich gelassen bleibe, wenn ich von unterwegs arbeiten muss und womöglich nicht die besten Bedingungen dafür habe. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wähle ich explizit nach solchen Fähigkeiten aus. Zusätzlich bekommen sie am Anfang einen Mentor oder eine Mentorin an ihre Seite. Nach sechs Monaten muss es passen oder sie müssen gehen. Alles andere würde auch ihnen nicht guttun. Während der Coronazeit mussten sich alle von jetzt auf gleich auf diese neue Art der Arbeit einstellen. Das ist nicht leicht. Es hilft, wenn Teams ihre Arbeit möglichst gut strukturieren.

"Wir haben den Willen, das gemeinsam zu schaffen. Dieses Mindset wird in den kommenden Monaten in vielen Teams nachlassen."

F&L: Auch in den kommenden Monaten wird ein Großteil der Arbeit digital laufen. Wie stellen sich Teams am besten auf?

Jutta Rump: Jedes Team muss ausgehend von den Corona-Vorschriften die für sich optimale Mischung aus analoger und virtueller Zusammenarbeit finden. Operative Absprachen zu Budget oder Abläufen können dabei virtuell geführt werden. Geht es darum, etwas zu entwickeln und gemeinsam zu denken, sollte man meiner Ansicht nach in einem Raum sein. Da entsteht einfach eine besondere Energie. Zwar gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Tools, mit denen die Zusammenarbeit virtuell spannend gestaltet werden kann, aber Runden wie das erste Treffen bei einem neuen Forschungsprojekt würde ich immer persönlich machen. Steht der grobe Fahrplan und sind die Zwischenziele gesteckt, können einzelne Meilensteine virtuell laufen – vorausgesetzt, man spricht sich gut ab. Danach sollte man wieder zusammenkommen, um den bisherigen Fortschritt und das weitere Vorgehen zu besprechen. Gerade nach Corona ist das entscheidend: Wir befinden uns aktuell in einer Krise und rücken automatisch zusammen. Wir haben den Willen, das gemeinsam zu schaffen. Dieses Mindset wird in den kommenden Monaten in vielen Teams nachlassen – insbesondere, wenn Beschäftigte lieber vor Ort arbeiten würden. Dann ist es umso entscheidender, den Teamspirit aufrechtzuerhalten.