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Hate Speech und Drohungen
Neue Anlaufstellen für bedrohte Forschende

Drohungen sind im Netz weit verbreitet. Die Niederlande haben nun eine Notfall-Hotline für betroffene Wissenschaftler, Deutschland etwas Ähnliches.

23.01.2023

Bedrohten Forschenden in den Niederlanden stehen seit Kurzem eine Notfall-Hotline und eine Online-Plattform zur Verfügung. Diese Anlaufstellen und ihre Hilfsangebote richten sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Drohungen oder Einschüchterungen ausgesetzt sind, berichtete das Fachmagazin "Nature" vergangene Woche.

Auf der Online-Plattform "SafeScience" beziehungsweise "WetenschapVeilig" finden Betroffene demnach seit November 2022 unter anderem Rat, wie sie mit Bedrohungen und Belästigungen im Netz oder anderen Umgebungen umgehen können. Sie enthält auch eine Notrufnummer, die allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Verfügung steht, die an einer der 14 niederländischen Universitäten angestellt sind, die zur "Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften" oder dem "Dutch Research Council" gehören. Bei der rund um die Uhr besetzten Hotline erhalten Betroffene nach einem Vorfall sofortige Hilfe von professionellen Sicherheitsberatern. Diese hälfen zu entscheiden, wie ernst die Situation ist und was der oder die Betroffene als nächstes tun kann.

In weniger dringenden Fällen können Betroffene über die Web-Plattform Vorfälle melden und Rat suchen. Bei jedem Vorfall binden die Betreiber der Plattform laut Bericht auch die jeweilige Universität des oder der Betroffenen ein und bitten diese um Unterstützung und konkrete Richtlinien für solche Fälle.

"Hate Speech" nach öffentlichen Äußerungen nimmt zu

Die Plattform sei "die erste nationale Website dieser Art", sagte die Psychologin Willemijn Lamet gegenüber "Nature". Sie berät den Universitätsverbund "Universities of the Netherlands" (UNL) in Sicherheitsfragen und hat beim Aufbau der Plattform geholfen. Vorbild von "SafeScience" sei "PressSafe" gewesen, eine ähnliche Hotline für Journalistinnen und Journalisten in den Niederlanden, die es seit 2020 gibt.

Anlass für die verstärkte Unterstützung von Forschenden sei gewesen, dass gegen sie gerichtete Drohungen und "Hate Speech" während der Corona-Pandemie zugenommen haben – vor allem online und insbesondere gegenüber Covid-19-Forschenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in öffentlichen Debatten äußern. Betroffene berichteten aber auch über analoge Einschüchterungsversuche, etwa über Zettel mit Drohungen an deren Haustüren. Außerdem seien die privaten Adressen und Telefonnummern einiger Forschender veröffentlicht worden, um sie einzuschüchtern. In der Folge würden sich Betroffene seltener in öffentlichen Debatten äußern, da sich die Drohungen auf ihre Konzentrations- und Arbeitsfähigkeit auswirkten.

"Mayday-Button" für deutsche Forschende

In Deutschland gibt es seit Dezember 2022 eine ähnliche Initiative für Forschende, die als Reaktion auf ihre Wissenschaftskommunikation Anfeindungen in sozialen Medien erfahren: den "Mayday-Button" des "WissKon-Netzwerks" des "Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation" (Nawik). Über diese Anlaufstelle können Mitglieder des Netzwerks Rat und Unterstützung von anderen Mitgliedern erbitten. Die Ratgeberinnen und Ratgeber sind hierbei jedoch – anders als in den Niederlanden ­­– Freiwillige, die basierend auf ihren eigenen Erfahrungen antworten und versuchen, zu helfen, jedoch keine professionelle oder juristische Unterstützung bieten können. Die Betreiber weisen daher auch darauf hin, dass der "Mayday-Button" nicht für Notfälle gedacht ist, die ein sofortiges Einschreiten der Polizei erfordern.

Darüber hinaus gibt es in Deutschland diverse Anlauf- und Meldestellen für von Hasskommentaren Betroffene wie zum Beispiel "Hate Aid", die sich jedoch an die breite Öffentlichkeit und nicht explizit an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler richten.

In Österreich hatte die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Ende Oktober 2022 ebenfalls eine Anlaufstelle für angefeindete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingerichtet. Die zunächst interne Plattform "Science Care" bietet laut ÖAW Unterstützung bei Angriffen in sozialen Medien, Beratung zu rechtlichen Fragen, internationale Expertise bei Angriffen im Ausland sowie psychologische Hilfe. Sie soll künftig ausgeweitet werden.

ckr