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Exzellenzstrategie
Ein Lob der Freiheit

Über Jahre hat die Exzellenzstrategie viele Wissenschaftler und Universitäten in Atem gehalten. Was aber hat sie im Kern ermöglicht?

Von Felix Grigat 22.07.2019

Es ist alles gesagt. Sieger und Verlierer stehen fest, die Kritiker haben kritisiert, Minister und Wissenschaftsorganisationen gelobt, sich selbst und auch gegenseitig. Einmütig wurde die Leistung der Universitäten, auch der Verlierer, hervorgehoben. Die Politik habe keinen Einfluss genommen, das Verfahren sei rein wissenschaftsgeleitet gewesen. Bundesministerin Anja Karliczek bescheinigte merkwürdigerweise auch den Verlierern "Exzellenz".

Über all dem Trubel ging allerdings etwas Entscheidendes unter: Am Ende der Pressekonferenz, zum Abschluss seines Statements zum Prozedere und der Geschichte der Exzellenzstrategie, war es Peter Strohschneider, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der einen anderen Ton anschlug. Das geschäftsmäßige Loben und auf die Schulter klopfen wurde unterbrochen, man hielt inne.

Strohschneider ging einen Schritt zurück. Er dachte laut nach über das, was der Exzellenzstrategie zu Grunde liegt. Er machte in einfacher Weise eine transzendentale Bewegung und sprach die Bedingung der Möglichkeit dieses ganzen Verfahrens an. Es sei nämlich die durch das Grundgesetz garantierte Freiheit, die es allererst ermögliche, nach rein wissenschaftlichen Kriterien die Besten der Besten Universitäten auszuwählen.

"Beispiellose Bedingungslosigkeit"

Und deshalb gab es keinen "Länder- oder West-Ost-Ausgleich". Deshalb war es auch möglich, dass selbst große Bundesländer leer ausgingen. Strohschneider hob die "beispiellose Bedingungslosigkeit" des Grundgesetzes hervor, die die Freiheit von Forschung und Lehre garantiere. Eine Freiheit die anderswo an vielen Stellen unter Druck gerate. "Und anderswo ist nicht nur weit in der Ferne, es ist auch mitten im Rechtsraum der Europäischen Union, in Polen, in Ungarn, an mancher anderen Stelle. Die Freiheit der Wissenschaft, die unter Druck gerät in politisch und sozial gespaltenen Gesellschaften."

In Deutschland seien wir in einer "ausnahmshaft glücklichen Lage", in der die Freiheit ein allerdings "immer weiter neu zu erarbeitendes Gut" sei. Ein Gut, das allerdings immer noch allseits seine Garantieträger habe und dessen Stellenwert und dessen Effekte auf die Entwicklung der Wissenschaft nicht zuletzt an der Exzellenzstrategie deutlich würden. Politik und Wissenschaft hätten vertrauensvoll zusammenwirken können in einer Weise, die "vermutlich weltweit ziemlich einzigartig" sei. Dies sei ein Gut, das Politik, Wissenschaft und Medien "sehr sorgfältig pflegen" sollten.

Man mag das als einen "pastoralen" Abschluss, ein "staatstragendes Wort" für ein langen Verfahren sehen, bei dem für die beteiligten Universitäten durchaus viel Geld auf dem Spiel stand. Doch ist dieser Hinweis heute wichtiger denn je: Angesichts der Unterdrückung der Freiheit der Wissenschaft, wie es das Beispiel Ungarns mit der CEU und der Nationalen Akademie vor Augen führt, wie es in den USA mit der Verächtlichmachung der Forschung geschieht, absolut notwendig.