Foto des Palais des Prinzen Heinrich, dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin.
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Nahost-Konflikt
Verfahren nach Protesten an der Humboldt-Universität

An der Berliner Humboldt-Universität hat eine nicht angemeldete propalästinensische Kundgebung stattgefunden. Die Polizei ermittelt in 37 Fällen.

07.05.2024

Nach propalästinensischen Protesten am Freitag an der Humboldt-Universität in Berlin hat die Polizei 37 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es gehe unter anderem um mögliche Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Während des Einsatzes seien 38 Menschen – davon 24 Frauen und 14 Männer – in ihrer Freiheit beschränkt worden. Von Verletzten war am Samstag nichts bekannt.

Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu einer nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen – es demonstrierten zwei Gruppen. Die Protestierenden forderten einen Hörsaal als Kundgebungsort, dem die Universitätsleitung nicht stattgab. Zwischenzeitlich wurde die Versammlung angemeldet, was dann aber wieder zurückgezogen wurde. Die Polizei untersagte antisemitische Ausrufe. Die Protestierenden riefen laut Polizei mehrfach die israelfeindliche Parole "From the river to the sea, palestine will be free".

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sprach in der "Tagesschau" am Samstagabend von der gefährlichen Tendenz einer antisemitischen und antiisraelischen Grundstimmung an Hochschulen. Jüdische Studierende dürften nicht in Kollektivhaftung genommen werden. Die Bundeswissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger forderte die Hochschulen in der Sendung erneut auf, bei antisemitischen Vorfällen von Maßnahmen wie Räumungen oder auch Exmatrikulationen im Fall von Straftaten Gebrauch zu machen. Es sei wichtig, ein Stopp-Schild gegen Antisemitismus zu setzen. 

Uni-Präsidentin Blumenthal schaltete sich in Proteste ein

Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Walter Rosenthal, sprach sich für ein entschlossenes Vorgehen gegen Antisemitismus aus. "Jeden einzelnen antisemitischen Vorfall müssen wir mit Nachdruck ahnden", sagte er gegenüber dem Tagesspiegel am 4. Mai. "Wir müssen als Hochschulen das Ordnungsrecht wahrnehmen, wir müssen mit der Polizei zusammenarbeiten und Vergehen zur Anzeige bringen – in der klaren Erwartung, so mittelfristig auch eine präventive Wirkung zu erzielen und die Sicherheit jüdischer Hochschulangehöriger zu erhöhen." Die Hochschulen handelten hier allerdings schon sehr konsequent, anders als als manche öffentliche Politikeräußerung impliziere, sagte er gegenüber "Research.Table". Eine Bewachung an den Hochschulen schloss Rosenthal aus: Dies werde nicht möglich sein und widerspreche der akademischen Kultur.

Die Präsidentin der HU Berlin hatte sich bei den Vorfällen am Freitag laut Berichterstattung des "Tagesspiegel" direkt zu Beginn der Proteste eingeschaltet. Sie habe die Studierenden aufgefordert, den Innenhof zu verlassen und zu einem anderen Zeitpunkt in den Diskurs zu treten: "Sie können in den akademischen Senat kommen, da können wir darüber diskutieren, was uns als Universität betrifft", wird die Uni-Präsidentin zitiert. "Wir können eine Diskussionsveranstaltung hier an der Universität organisieren, hier bei uns im Haus. Aber das hier ist kein Dialog." Blumenthal sei mit Zwischenrufen am Aussprechen gehindert worden. Unter den Protestierenden seien laut der Präsidentin sowohl Studierende ihrer Universität als auch externe Anhänger der pro-palästinensischen Szene in Berlin gewesen.

"Der Austausch kontroverser Meinungen gehören zum Wesen einer Universität", betonte die Präsidentin der Universität auf Anfrage. "Er wird aber nicht brüllend und mit Megafonen geführt, sondern respektvoll und lässt alle Perspektiven zu Wort kommen. Antisemitismus, Rassismus und jede Art von Diskriminierung hätten dabei keinen Platz." Die Humboldt-Universität weise ihre Mitglieder auf die verbindlichen Grundwerte immer wieder deutlich hin und gehe im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Verstöße "konsequent und dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit folgend" vor.

Nahost-Konflikt: Proteste in den USA und Paris

In den USA gibt es an zahlreichen Universitäten seit mehr als zwei Wochen Proteste gegen den israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und für Solidarität mit den dort lebenden Palästinensern. Kritikerinnen und Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Terrororganisation Hamas vor. Medienberichten zufolge sind in dem Zusammenhang 2.000 Menschen festgenommen worden. 

Auch in Paris hatte die Polizei am Freitag eine Sitzblockade propalästinensischer Studierender an der renommierten Universität Sciences Po aufgelöst. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron kritisierte die Blockaden. Er verurteile sie aufs Schärfste, sagte Macron in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit den Zeitungen "La Provence" und "La Tribune Dimanche". Er verstehe, dass besonders das Geschehen im Gazastreifen Menschen erschüttere. "Aber eine Debatte zu verhindern hat der Konfliktlösung noch nie geholfen."

Zuerst veröffentlicht: 04.05.2024 

Proteste an weiteren deutschen Unis

An der Uni Köln kam es am Wochenende zu einem "Miniprotest" mit vier Zelten, wie der WDR berichtete. Die Polizei habe keinen Grund gesehen einzugreifen. 

Auch an der LMU München und der TU München hat es in der letzten Woche laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kleinere Kundgebungen gegeben, die friedlich blieben.

kas/dpa