Ein Foto der University of Religions and Denominations im Iran
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Kritik
Fragwürdige Kooperation mit iranischer Hochschule

Laut eines Berichts unterhielten deutsche Hochschulen Verbindung zu einer iranischen Uni, die eng mit dem autoritären Regime des Landes verknüpft ist.

16.11.2023

Laut eines Berichts der Nichtregierungsorganisation "United Against Nuclear Iran" (UANI) pflegten deutsche Hochschulen Kontakte zu einer Universität im Iran, die eng mit der iranischen Regierung verknüpft sein soll.  Der neu erschienene Report der US-amerikanischen Organisation zeigt, dass die autoritären Revolutionsgarden (IRCG), welche die zentrale Macht in der Islamischen Republik Iran innehaben, Verbindungen ins Ausland knüpfen, auch zu deutschen Universitäten. 

"Wenn wir über die IRCG sprechen, liegt das Hauptaugenmerk auf ihrer 'hard power', wie Waffen- und Raketensystemen", sagt der Iran-Experte Kasra Aarabi gegenüber der "taz". "Aber ihre 'soft power' Instrumente sind genauso wichtig", sagt er weiter. Einer der Hauptakteure dieser "soft power" im Wissenschaftsbereich sei die University of Religions and Denominations (URD) in Qom, etwa 150 Kilometer von Teheran. Sie unterhalte zahlreiche internationalen Kontakte, berichtet die "taz". 

Laut des Berichts auch zu deutschen Universitäten: Berlin, Frankfurt, Münster, Paderborn und Potsdam pflegten institutionelle Kooperationen und veranstalteten Studienfahrten, Austauschprogramme und gemeinsame Projekte mit der URD, die nicht nur von der Führungspositionen der iranischen Revolutionsgarde geleitet werde, sondern auch Verbindungen zur Terrororganisation Hisbollah haben soll und die Gewaltakte gegen Israel öffentlich begrüßte, so der Bericht von UANI.

Einschätzung einer Expertin

In ihrem Bericht beklagt UANI, die 2008 gegründet wurde und seitdem Aktivitäten des totalitären iranischen Regimes beobachtet, dass die iranischen Revolutionsgarden in der Leitung der Universität URD vertreten sei. Der Hochschulpräsident Seyed Abdolhassan Navab sei zehn Jahre in Führungspositionen der islamistischen Revolutionsgarden tätig gewesen. Seyed Mohammad Taqi Shahcheraghi, der im Vorstand der iranischen Universität sei, sei Kommandeur der Revolutionsgarde im Iran. Antisemitismus gehöre zur offiziellen Leitlinie der Hochschule – laut Bericht heißt es in einer offiziellen Mitteilung der URD mit Grüßen an die Terrororganisation Hamas im letzten Jahr: "Gegen die Zionisten gibt es keine andere Möglichkeit als bewaffneter Widerstand." 

Forschung & Lehre sprach dazu mit Professorin Katajun Amripur, die den Lehrstuhl für Islamwissenschaft mit Schwerpunkt iranischer Sprach- und Kulturraum an der Universität zu Köln innehat. "Kooperationen mit iranischen Hochschulen werden oft für die Propaganda des Regimes missbraucht", sagt sie. Auf den Webseiten gäben die Universitäten im Iran nämlich gerne damit an, mit wem sie alles zusammenarbeiten und es folglich nicht stimme, dass sie isoliert würden. So werden die ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler missbraucht. Hinzukomme laut Amripur auch, dass nicht alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an iranischen Hochschulen regimetreu sind, nicht einmal die Dekane. "Andererseits kommt man als 'outspoken critic' auch nicht in hohe Positionen", erklärt die Islamwissenschaftlerin von der Universität zu Köln akkurat.

Deutsche Hochschulen distanzieren sich klar 

"Die URD agiert de facto als ein Arm des IRGC", so Aarabi gegenüber der taz, "wir wissen, dass die IRGC die Zusammenarbeit mit Universitäten nutzt, um verdeckte Operationen durchzuführen und ausländische Staatsangehörige für ihre Ziele zu rekrutieren und zu radikalisieren." 

"Die Tatsache, dass die URD Partnerschaften mit deutschen Universitäten unterhält, ist äußerst beunruhigen", so Aarabi. Der Iran-Experte ordnet dies insgesamt als "nationales Sicherheitsrisiko" ein.  

Amripur hatte durch ein gemeinsames Graduiertenkolleg mit Doktorandinnen von anderen Universitäten zu tun, die an der besagten iranischen Universität zu Workshops waren. "Sie haben durchaus interessante Dinge berichtet, zum Beispiel, dass dort zum Teil sehr subversives, progressives Gedankengut formuliert wird", sagt Amripur gegenüber Forschung & Lehre. Sie erklärt allerdings auch, dass selbst dort nicht alle reaktionär seien. Für sie sei es sehr wichtig das mitzubekommen. Und von deutschen Doktorandinnen und Doktoranden und Professorinnen und Professoren würden gute Impulse in den Iran getragen. Durch den Austausch entstehe größere Offenheit. Das sei ja der Hintergrund für die Initiative auf deutscher Seite. "Doch wenn die URD eng mit den Revolutionsgarden verbandelt ist, kann sie kein Kooperationspartner sein", stellt die Islamwissenschaftlerin gegenüber F&L fest.

Manche Kooperationen deutscher Universitäten mit der Hochschule im Iran wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Deutsch Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Auswärtige Amt gefördert. Inzwischen seien diese Projekte laut "taz" aber ausgelaufen. So war es bei der Universität Potsdam. Sie bestätigt gegenüber der "taz", mit der iranischen Hochschule zusammengearbeitet zu haben. Der Austausch sei vom DAAD finanziert worden. Sie erklärt aber auch, dass die Kooperation mit der URD vor fünf Jahren beendet wurde. Auch das Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster hat für zwei Jahre mit der URD in einem Projekt, gefördert von der DFG, zusammengearbeitet. “Es gab und gibt keine Kooperation der Universität mit der URD“, so ein Sprecher der Uni.

Der Rektor der Universität Münster wendete sich laut "taz" mit einem Brief an die UINA und erklärte, seine Hochschule stehe für den internationalen Dialog in den Wissenschaften, aber "nicht für solche Wissenschaftler und Einrichtungen, die terroristische Aktivitäten oder Organisationen unterstützen gilt." 

Weitere Distanzierungen von deutscher Seite

Inzwischen distanzierten sich alle Hochschulen auf Anfrage von "taz" von der URD. Auf der Website der Universität Paderborn ist sie immer noch als Partnerhochschule zu finden. Das müsse, so der Sprecher der Universität Paderborn, gegenüber der "taz", noch aktualisiert werden. An der FU Berlin bestünde keine formale Kooperation, sondern nur individuelle Kontakte zu Fachkollegen, so die Pressestelle der Hochschule in Berlin auf Nachfrage der "taz".

Auch die Goethe-Universität in Frankfurt, die für fünf Jahre eine Kooperation mit der URD hatte, die von dem Auswärtigen Amt und dem DAAD gefördert wurde, will nicht mehr mit der iranischen Universität in Kontakt gebracht werden. “Es bestehen keinerlei Beziehungen mehr zur URD", so der Sprecher der Hochschule in Frankfurt zur "taz". Der letzte Kontakt war 2015 und damals sei die Sachlage den Personen nicht bekannt gewesen. "Die Goethe-Universität ist entsetzt und betroffen von einer derart engen personellen Verknüpfung der Hochschulleitung der URD mit den Revolutionsgarden."

kfi