Das grüne Metalltor eines Parks ist mit einer Eisenkette verschlossen und ein Schild weist auf Corona-Lockdown hin.
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Wissenschaft in Krisensituationen
Notfallplan für den Krisen- und Katastrophenfall

Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten rät zum Ausbau der Dateninfrastrukturen. Wichtig sei zudem die Stärkung des forschungsethischen Diskurses.

23.01.2024

In einem aktuellen Positionspapier fordert der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) eine Anpassung der sozialwissenschaftlichen Forschung an akute Bedrohungslagen und Krisen. Als unabhängiger Beirat der Bundesregierung äußert sich der RatSWD regelmäßig zu aktuellen forschungs- und datenpolitischen Gesetzesvorhaben, Debatten und Entwicklungen. 

Corona-Pandemie zeigte Schwächen in der repräsentativen Datenerhebung 

Nicht nur während der Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass den politischen Maßnahmen der Bunderegierung zu wenige solide Daten zugrunde lagen, während im europäischen Ausland mit repräsentativen Stichproben auf Basis von Corona-Panels gearbeitet wurde. Von der deutschen Wissenschaft oft zitiertes Beispiel war die "Covid 19 Infection Survey", eine von der britischen Statistikbehörde (ONS) und der Universität Oxford durchgeführte Erhebung. 

Der Forderungskatalog des RatSWD setzt dementsprechend bei der Notwendigkeit qualitätsgeprüfter Forschungsdaten insbesondere im Krisen- und Katastrophenfall an. Auf diese sei man angewiesen, damit Forschende gegenüber Politik und Verwaltung in die Lage versetzt würden, Aussagen und Einschätzungen zu den krisenhaften Entwicklungen abgeben zu können. 

"Zu oft haben wir erlebt, dass es diese Daten eben nicht oder zu spät gab, Befragungen waren zu selten koordiniert zwischen verschiedenen Forschungsprojekten", sagt Jungbauer-Gans, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), gegenüber des Wiarda-Blogs. 

Notfallplan, Koordinierungsstelle und Systematisierung der Datenerhebung 

"Die Koordinierungsstelle sollte bei einem sichtbaren Akteur der Forschungsdateninfrastruktur (…) angesiedelt sein. Der Notfallplan sollte Informationen enthalten, welche Einrichtungen beziehungsweise Personen im Krisenfall aktiv werden", wird im Positionspapier des RatSWD ausgeführt. Als weiterhin für essentiell erachtet werden die Systematisierung und Standardisierung der Datenerhebungen, die Beschleunigung der Bereitstellung von Daten und Ergebnissen mittels Rationalisierung der Prozesse sowie die Institutionalisierung interdisziplinärer Kooperationen durch die Implementierung der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFD). 

Auch die Krisen und gesellschaftlichen Herausforderungen selbst sollten vermehrt zum Gegenstand einer systematischen Erforschung werden, was von Seiten der Forschungspolitik unterstützt werden müsse. Dabei sei ein Kategorienschema zu entwickeln, damit im Ernstfall die Vulnerabilitäten in bestimmten Bereichen – Gesundheit, Wirtschaft, Bildung – direkt analysiert und Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten. Hierfür müssten durch einen verstärkten forschungsethischen Diskurs Standards "zum Schutz von vulnerablen Gruppen" sowie "Leitlinien für ein angemessenes Verhalten" erarbeitet werden. 

Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Katastrophenhilfe und Forschung 

Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten empfiehlt darüber hinaus ein Gremium zur Vernetzung von Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Katastrophenhilfe. Daten der amtlichen Statistik müssten grundsätzlich schneller produziert werden und zur Verfügung stehen. Die Kompetenz zur Bewertung von Daten und Forschungsergebnissen müsse "gestärkt werden, um einen sicheren Umgang mit Ergebnissen und Schlussfolgerungen zu gewährleisten und unsachgemäßen oder voreiligen Schlüssen vorzubeugen." 

Hochschulen und Forschungsreinrichtungen sollten laut RatSWD ihre IT-Integrität verstärkt schützen und Kompetenzen ausbauen, um im Krisenfall die Funktionalität sicherstellen zu können. Qualifiziertes Personal vorhalten zu können, sei nur zu gewährleisten mittels flexibler Anpassung von Befristungszeiten, einer gesicherten Finanzierung und der Möglichkeit, entsprechende Forschungsleistungen anzuerkennen.

cva