Portraitfoto von Professorin Sylvie Retailleau.
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Frankreich
Reformen sollen französisches Forschungssystem stärken

In Frankreich sind wissenschaftspolitische Reformen im Gespräch. Um welche Ziele und Maßnahmen geht es?

13.07.2023

Die französische Wissenschaft erwartet Reformen des Forschungssystems. Diese sollen Organisation, Management und Finanzierung verändern, wie "Science Business" am Donnerstag berichtete. Demnach hat die französische Ministerin für Hochschulbildung und Forschung, Professorin Sylvie Retailleau, angekündigt, dass Veränderungen ab kommendem September umgesetzt würden.

Grundlage dieser Veränderungen ist eine Untersuchung mit Vorschlägen zur Stärkung und Vereinfachung des französischen Forschungssystems, die Retailleau im Dezember 2022 in Auftrag gegeben hat. Die Vorschläge zielen darauf ab, Frankreich auch in Zukunft einen angesehenen Platz unter den Ländern in Forschung und Entwicklung zu sichern. Der entstandene Bericht wurde Mitte Juni dieses Jahres veröffentlicht. Anfang Juli hatte die Europäische Kommission ihr "European Innovation Scoreboard" veröffentlicht, das Frankreich bescheinigt, dass es zwar weiterhin zu den "Strong Innovator"-Ländern gehöre, seine guten Leistungen im EU-Vergleich allerdings abnähmen (ein Minus von 1,6 Prozent). Nur bei einem weiteren EU-Mitglied seien die Innovationsleistungen ebenfalls rückläufig: Luxemburg.

Frankreich: Bürokratie und Unterfinanzierung behindern Forschung

Die Hauptprobleme der französischen Wissenschaft sind laut dem Bericht einer Arbeitsgruppe von fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen ein Übermaß an Bürokratie, Komplexität und Hierarchien ebenso wie unklare Beziehungen, etwa zwischen den Forschungsuniversitäten und den nationalen Forschungsorganisationen wie dem Centre national de la recherche scientifique (CNRS). Aktuell seien Labore zwar an Universitäten verortet, die Mitarbeitenden stellten aber eine Mischung aus Universitätsangestellten und Mitarbeitenden der Forschungsorganisationen dar, so dass Entscheidungen bürokratisch und Zugehörigkeiten sehr komplex seien.

Zudem sei die Wissenschaft unterfinanziert. Frankreich investierte laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2018 nur etwa 2,2 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung. In Deutschland waren es 3,1 Prozent. Der Report empfiehlt eine Steigerung des Budgets. Aktuell werde laut "Science Business" lediglich eine Milliarde Euro des französischen Innovationsprogramms "France 2030" mit einem Budget von 50 Milliarden Euro in die Hochrisikoforschung investiert. Auch die Förderung der Grundlagenforschung und von Nachwuchsforschenden und Doktoranden müsse erhöht werden, um die Attraktivität des Forschungsstandorts zu verbessern und Abwanderung ins Ausland zu verhindern.

Eine neue wissenschaftliche Führungsposition?

Der Strategische Forschungsrat (Conseil stratégique de la recherche, CSR) müsse durch einen obersten wissenschaftlichen Berater ersetzt werden, um mehr Einfluss zu gewinnen. Die Position soll laut Bericht dem Bildungsministerium unterstellt sein und den Premierminister oder den Präsidenten beraten. Sie solle den wissenschaftlichen Chefberatern in Kanada, Großbritannien und Neuseeland ähneln.

Allgemein müsse Bürokratie abgebaut werden, etwa dadurch, dass sich mehrere Forschungseinheiten ihre Managementinfrastruktur teilen.

cpy