Das Logo der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK), im Hintergrund ihr Gebäude.
picture alliance/dpa | Daniel Reinhardt

Antisemitismusvorwürfe
Ruangrupa-Mitglieder als Gastprofessoren in Hamburg

Die Hamburger Kunsthochschule hält an ihrer Entscheidung fest: Mitglieder der umstrittenen Ruangrupa sollen als Gastprofessoren vorgestellt werden.

12.10.2022

Die Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Iswanto Hartono werden am Mittwoch bei der Semestereröffnung der Hochschule für bildende Künste (HFBK) als Gastprofessoren vorgestellt. Beide sind Mitglieder des indonesischen documenta-Kuratorenkollektivs Ruangrupa, das wegen Antisemitismusvorwürfen umstritten ist.

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) äußerte sich kritisch zu der Gastprofessur. "Die Antisemitismusvorwürfe bei der documenta fifteen wiegen schwer", erklärte Fegebank. Sie beträfen auch das Kollektiv Ruangrupa, dem Reza Afisina und Iswanto Hartono angehörten, "und sie stehen in der Verantwortung, diese Vorwürfe aufzuklären". Es dürften keine offenen Fragen im Raum stehen, wenn Mitglieder des Kollektivs in Hamburg lehren sollen.

Die Wissenschaftsbehörde führe bereits Gespräche mit der HFBK. "Die Hamburger Hochschulen sind autonom in der Berufung ihrer Gastprofessuren, dies ist von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt", sagte Fegebank. Hochschulen müssten Orte der kritischen Diskussion sein. "Aber die Wissenschaftsfreiheit kann und darf niemals Freibrief für antisemitisches Gedankengut sein."

Auch die Jüdische Gemeinde in Hamburg kritisierte die Entscheidung. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Michael Fürst, sagte im NDR-"Hamburg Journal": "Ich habe dafür absolut kein Verständnis. Wer nach mehrmonatiger Dauer auf der documenta gezeigt hat, dass er von antisemitischen Gedanken überhaupt nicht ablassen will, der hat an einer öffentlichen Hochschule in Deutschland nichts zu suchen."

Gastprofessuren sollen auch Aufarbeitung der documenta erlauben

Der Forderung, die Gastprofessoren auszuladen, will die Hochschule für bildende Künste nicht nachkommen. "Wir stehen zu dieser Entscheidung und wollen diese DAAD-Professur umsetzen, besonders um die künstlerischen Fragestellungen der documenta fifteen in einem anderen Format und in einem anderen Rahmen aufzugreifen und fortzuführen, und zwar mit Studierenden und Lehrenden – und mit den beiden documenta-Kuratoren", sagte Präsident Martin Köttering in einem Interview auf der Homepage der Hochschule.

"Wir wollen mit ihnen sprechen, nicht über sie. Und wir wollen den von ihnen aufgeworfenen künstlerischen Fragen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. Natürlich werden wir die Zeit nutzen, um die documenta aufzuarbeiten. Dafür ist der zeitliche und räumliche Abstand, das Eingebundensein der Kuratoren in das künstlerisch und theoretisch diverse Netzwerk der Hochschule sicherlich hilfreich", sagte Köttering.

Diese Aufarbeitung entspricht auch den Erwartungen des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD), wie dieser in einer Pressemitteilung am Montag ausdrückte. Der DAAD verurteile jede Form von Antisemitismus. Zur Förderung der Gastdozenturen teilte die Organisation mit, dass der Antrag der Hambuger Hochschule im April 2022 durch eine unabhängige Auswahlkommission für die Förderung empfohlen worden sei. Der DAAD habe auf diese fachliche Empfehlung, auf der die Förderentscheidung beruhe, "wie üblich keinen Einfluss genommen, weder im laufenden Verfahren noch im Nachgang".

Mit dem Kuratorenkollektiv der diesjährigen documenta, Ruangrupa, wurde die Kunstausstellung erstmal von einem Team aus dem globalen Süden verantwortet. Ruangrupa wird seit der Eröffnung am 18. Juni 2022 unter anderem eine Nähe zur BDS-Bewegung, die einen Boykott Israels fordert, vorgeworfen. Kurz nach der Eröffnung wurde eine Arbeit des indonesischen Kollektivs Taring Padi mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgebaut. Auch danach wurden weitere Werke mit antijüdischen Stereotypen auf der documenta festgestellt.

dpa/cpy