Ein dunkelhäutiger Mann kommt mit dem Zug aus der Ukraine in Polen an.
picture alliance / NurPhoto | Beata Zawrzel

Ukraine-Krieg
Unklare Perspektiven für Studierende aus Drittstaaten

Ausländische Studierende, die aus der Ukraine geflohen sind, stehen vor einer unklaren Zukunft. Welchen Status haben sie aktuell in Deutschland?

25.03.2022

Tausende ukrainische Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auf der Flucht. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) rechnet mit rund 100.000 Personen, die im Bemühen ihr Studium oder ihre wissenschaftliche Tätigkeit fortzusetzen, nach Deutschland kommen könnten. An ukrainischen Hochschulen waren jedoch der Unesco zufolge bis vor Kurzem auch noch etwa 60.000 internationale Studierende eingeschrieben. Der DAAD vermute, dass 1.000 bis 3.000 dieser Studierenden aus Drittstaaten nach Deutschland kommen könnten. Allerdings haben sie in Deutschland aktuell keine langfristige Perspektive, wie der "Tagesspiegel" berichtet.

Der Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) forderte am Dienstag für die "Studierenden aus Drittstaaten, die bislang in der Ukraine studiert haben", einer Pressemitteilung zufolge, "angemessene Regelungen". Was die HRK sich unter diesen vorstellt, blieb zunächst offen. Am Donnerstag teilte ein HRK-Sprecher laut Angaben des "Tagesspiegels" mit, dass es ein "pragmatischer Weg" sein könnte, "dieser Personengruppe zu ermöglichen, in Deutschland einen Antrag auf ein Studienvisum zu stellen." Ohne diese Möglichkeit müssten sie zunächst in ihre Heimatländer zurückkehren und dort den Antrag stellen. Eine mit dem Vorschlag der HRK vergleichbare Lösung haben bereits andere europäische Länder auf den Weg gebracht, etwa Polen, Ungarn, Bulgarien, Italien und Griechenland, wie der "Tagesspiegel" berichtet.

Aktuell können Studierende aus Drittstaaten ebenso visafrei in die Bundesrepublik einreisen wie alle ukrainischen Flüchtlinge. Für sie gilt die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthÜV) des Bundesinnenministeriums, die Personen, die anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereist sind, davon befreit, einen Aufenthaltstitel zu haben. Diese Regelung gilt allerdings nur bis einschließlich 23. Mai diesen Jahres.

Die Berliner Hochschulen haben bereits in zwei Runden mit der Wissenschaftsverwaltung aufenthaltsrechtliche Fragen thematisiert, wie der "Tagesspiegel" berichtet. Dabei sei geklärt worden, dass auch internationale Studierende aus sicheren Drittstaaten über die UkraineAufenthÜV in Unterstützungsprogramme der Hochschulen aufgenommen werden könnten. Bis zum Ablauf der Übergangsverordnung könnten sie sich um eine weitere Aufenthaltserlaubnis bewerben, zitiert der "Tagesspiegel" eine Sprecherin der Berliner Wissenschaftsverwaltung.

Aktueller Schutz für internationale Studierende nicht ausreichend

Dies sei "nicht ausreichend", wie der World University Service (WUS), Amnesty International Deutschland, Brot für die Welt, die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Pro Asyl, der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) und weitere Partner am Montag in einer Erklärung deutlich machten. Sie forderten, dass alle aus der Ukraine geflohenen internationalen Studierenden ihr dort begonnenes Studium in Deutschland oder einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) fortsetzen und beenden können.

Laut WUS haben vor dem Krieg hauptsächlich Studierende aus Indien, Marokko, Aserbaidschan, Turkmenistan, Ägypten und Nigeria in der Ukraine studiert. In ihren Heimatländern sei ihnen ein Studium aus politischen oder finanziellen Gründen nicht möglich gewesen. Putins Angriff auf die Ukraine habe auch sie erschüttert und ihre Lebensplanung zerstört, so dass sie nun ausreichend Zeit zur Orientierung und die Gelegenheit benötigten, sich ohne Ausreisedruck um die Fortsetzung ihres Studiums in Deutschland oder einem anderen EU-Land zu bemühen. Aktuelle Studienangebote und Unterstützungsprogramme richteten sich allerdings fast ausschließlich an Studierende mit ukrainischer Staatsangehörigkeit.

Forderungen an Hochschulen und Politik

Nötig zur Unterstützung der geflüchteten Studierenden aus Drittstaaten sei ein politisches Bekenntnis der Bundesregierung, fordern die migrationspolitischen Initiativen. Die UkraineAufenthÜV solle mindestens bis zum Beginn des Wintersemesters 2023/24 verlängert werden und ein Aufenthaltsrecht für die Dauer des Studiums für all diejenigen Studierenden gewährt werden, die bis dahin einen Studienplatz oder studienvorbereitende Maßnahmen in Aussicht haben.

Auf Seiten der Universitäten sollten die Programme zur Unterstützung von aus der Ukraine geflohenen Studierenden demnach für alle Betroffenen, "ungeachtet der Hautfarbe", geöffnet werden. Stipendiengeber sollten die internationalen Studierenden unterstützen. Die Maßnahmen sollten durch die Wissenschafts- und Integrationsministerien der Länder, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Auswärtige Amt finanziert werden, so die gemeinsame Erklärung der Initiativen.

aktualisiert am 28.03.2022 um 13:49 Uhr; zuerst veröffentlicht am 25.03.2022 um 10:35 Uhr

cpy