Kollegen sprechen über anderen Kollegen
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Umfrage
Wissenschaftler oft von psychischer Gewalt betroffen

Forscher der RWTH Aachen haben Beschäftigte der Hochschule zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Auch die sexualisierte Gewalt stand im Fokus.

10.12.2019

Rund 45 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der RWTH Aachen haben bereits psychische Gewalt erfahren. Frauen sind dabei etwas stärker betroffen (49 Prozent) als Männer (41 Prozent). Meist hätten sie diese mehrmals im Laufe der vergangenen Jahre erlebt, wie die Studie eines Forscherteams der RWTH Aachen ergibt, über die sie in der aktuellen Ausgabe von Forschung & Lehre berichten. Insgesamt sind mehr als 80 Prozent der Befragten zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrer Arbeitssituation. Rund 72 Prozent gaben außerdem an, sich an der RWTH sehr sicher zu fühlen.

Psychische Gewalt kann zum Beispiel bedeuten, dass Beschäftigte verbal beleidigt oder verspottet werden. Auch gilt das Verbreiten von Gerüchten, Ignoranz oder Ausgrenzung laut der Forscherinnen und Forscher als psychische Gewalt. Meist gehe diese an der RWTH Aachen von anderen Beschäftigten der Hochschule aus, in den meisten Fällen von Kolleginnen und Kollegen (41 Prozent). In 23 Prozent der Fälle seien es Vorgesetzte gewesen.

Auch zur physischen und sexualisierten Gewalt wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RWTH befragt. Erfahrungen mit physischer Gewalt haben laut Studie rund acht Prozent gemacht, die Hälfte von ihnen an der Hochschule. Meist sei die Gewalt von Kolleginnen und Kollegen (18 Prozent) oder Studierenden (16 Prozent) ausgegangen. Die Befragten berichteten vor allem von "leichterer" Gewalt, zum Beispiel darüber, weggeschubst, hart angefasst oder geschlagen worden zu sein. 

Sexualisierte Gewalt: Auch Männer befragt

Sexualisierte Gewalt haben laut der Befragung 24 Prozent der Beschäftigten erlebt. Dabei berichteten Frauen deutlich häufiger (39 Prozent) von entsprechenden Übergriffen als Männer (8 Prozent). Rund 46 Prozent der Befragten hätten diese Erfahrung zudem mehrmals gemacht. Während Frauen nur von Gewalt von Männern berichten, sprachen Männer von Frauen und Männern. Meist habe es sich dabei um Kommentare oder Anzüglichkeiten gehandelt. 25 Prozent berichteten, dass ihnen eine andere Person zu nahe gekommen sei oder sie ungewollt angefasst worden seien. Einzelne berichteten jedoch auch von gravierenden sexualisierten Gewalthandlungen. Abgefragt wurden etwa sexuelle Angebote oder gar Vergewaltigung.

Die Studie von Dr. Thomas Kron, Hannes Engelhardt und Dr. Lena M. Verneuer umfasst die Antworten von 1.143 Beschäftigten an der RWTH Aachen. Angefragt wurden alle 9.500 wissenschaftlichen und in der Verwaltung tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 53 Prozent der Rückmeldungen kam von Frauen. Ihr Anteil an der RWTH liegt unter den Beschäftigten bei 33 Prozent.

Anschlussstudien müssten laut dem Forscherteam unter anderem klären, wie es zu der Diskrepanz komme, dass einige Beschäftigte bereits Gewalterfahrungen an der RWTH erlebt hätten und sich dennoch sehr sicher an der Hochschule fühlten. Die RWTH plane eine solche Wiederbefragung, um die Entwicklung der Gewalterfahrungen an der Hochschule zu verfolgen. Dies sei Teil eines "professionellen Bedrohungsmanagements", zu dem unter anderem auch gezielte Schulungen für Beschäftigte gehörten. Außerdem sollen auch die Studierenden zu ihren Erfahrungen befragt werden. 

kas