Propalästinensische Besetzerinnen werden von Polizisten durchsucht.
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HU Berlin
Zeitweilige Duldung der Besetzung weiter in Diskussion

Donnerstagabend wurden besetzte Teile der Humboldt Universität geräumt. Zuvor hatte die Hochschulleitung auf Dialog gesetzt.

27.05.2024

Nach der Räumung der von etwa 170 propalästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten besetzten Teile der Humboldt-Universität (HU) in Berlin will die Polizei den Einsatz laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) am Freitag (24.5.) aufarbeiten. Auch die politische Debatte über die zeitweilige Duldung der Besetzung durch die Universitätsleitung werde wohl weitergehen. Universitäts-Präsidentin, Julia von Blumenthal, hatte zunächst auf einen Dialog gesetzt. Am Donnerstagabend räumte die Polizei dann auf Anweisung des Senats das besetzte Gebäude.

Seit vergangenem Mittwoch hatten Aktivistinnen und Aktivisten Räume der HU aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung besetzt. Die Gruppe namens "Student Coalition Berlin" fordere von Berliner Hochschulen unter anderem, dass diese sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gaza-Krieg einsetzten und Druck auf die deutsche Regierung ausübten. Diese solle ein Waffenembargo gegen Israel verhängen und alle militärischen, finanziellen und diplomatischen Hilfen an Israel beenden.

Fortschritte, aber keine Lösung im Dialog mit den Protestierenden

Am letzten Donnerstag hatte es ab dem Nachmittag nicht-öffentliche Gespräche mit den Besetzerinnen und Besetzern gegeben, die HU wollte die Besetzung der Räumlichkeiten bis 18.00 Uhr dulden. Von Blumenthal habe ihr Bedauern geäußert, dass keine Lösung auf diesem Wege erreicht worden sei. Im Dialog mit den Demonstrierenden seien durchaus Fortschritte gemacht worden. Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) habe die Anweisung zur Räumung in Übereinstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gegeben, sagte von Blumenthal nach dpa-Angaben. Dieser Darstellung hat Czyborra laut Tagesspiegel am Freitag widersprochen: Die Entscheidung sei gemeinsam getroffen worden.

Nach der Ermittlung des Schadens will die Hochschule nun Strafantrag wegen Sachschäden im Gebäude des Instituts für Sozialwissenschaften beziehungsweise Strafanzeige wegen der Verwendung von Kennzeichen einer verbotenen Organisation stellen. Das teilte eine Sprecherin am Freitagabend der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Räume des Instituts sähen schrecklich aus, sagte von Blumenthal am Samstag gegenüber dem "Spiegel". Das rote Dreieck der Hamas sei an mehreren Stellen zu finden gewesen. Das Institut sei wegen der Beschädigungen möglicherweise für Wochen oder Monate nicht nutzbar: "Das war kein friedlicher Protest." Sie sei davon überzeugt, dass es weitere Besetzungen geben werde. An einen Dialog mit den Besetzergruppen glaube sie nicht mehr.

Diskussionen halten an

Die Diskussionen über das Vorgehen der Universitätsleitung und die Frage, wann und durch wen eine Räumung angeordnet werden sollte, halten an. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner verteidigte seinen Kurs am Freitag: "Ich werde das nicht durchgehen lassen, wir dulden keinen Antisemitismus, Hass und Hetze an unseren Hochschulen", zitierte ihn der Tagesspiegel. Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin, zollte ihrer Amtskollegin laut Tagesspiegel Respekt. Die vorschnelle Anweisung zur Räumung durch den Senat zeige "mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen" und stelle die Hochschulautonomie infrage.

Angesichts der aktuellen Diskussionen um Besetzungen und Protestcamps meldete sich auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu Wort. Erst Mitte Mai hatte sie in einer Stellungnahme die Bedeutung der Hochschulen als freie Diskursräume betont. Zugleich seien Maßnahmen zu ergreifen, wenn Grundsätze eines gewaltfreien Dialogs missachtet würden. Die Umsetzung dieser Prinzipien in einer dynamischen Situation stelle Hochschulleitungen allerdings vor große Herausforderungen, erklärte HRK-Präsident, Prof. Dr. Walter Rosenthal, am heutigen Montag: "Ich erwarte, dass den Menschen, die sich dieser Verantwortung engagiert stellen und in diesen Zeiten Präsenz zeigen, der entsprechende gesellschaftliche Respekt entgegengebracht und der Ermessensspielraum der Hochschulen respektiert wird, insbesondere wenn sie um Deeskalation bemüht sind. Nicht hilfreich sind in diesem Kontext medial oder direkt vorgetragene reflexartige Angriffe, unerbetene Ratschläge, unzulässige Vereinfachungen und einseitige Zuspitzungen."

An der Frankfurter Goethe-Universität ist das Pro-Palästina-Camp auf dem Campus Westend dagegen ohne größere Zwischenfälle zu Ende gegangen. Die Teilnehmer hätten das Gelände am Sonntag wie angekündigt freiwillig verlassen, sagte ein Polizeisprecher am späten Sonntagabend nach dpa-Angaben. Die Hochschule habe die Ankündigung eines Protestcamps zunächst mit Sorge zur Kenntnis genommen und vor Gericht Beschränkungen durchsetzen wollen, die das Verwaltungsgericht aber abgelehnt hätte. Im Laufe der Woche habe die Leitung der Goethe-Universität Erleichterung geäußert, dass die Konflikte auf dem Campus nicht eskaliert seien.

Zuerst veröffentlicht: 24.05.2024

dpa/hes