Hände verschiedener Menschen bilden einen Kreis.
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Vielfalt
Erfolgreich zusammenarbeiten in diversen Teams

Wie können unterschiedliche Perspektiven die Zusammenarbeit im Team bestmöglich bereichern? Ein Rückblick auf die Führungspraxis eines Lehrstuhls.

Von Susanne Schmidt 28.12.2023

Der Austausch mit meinen Studierenden zu den Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inclusion hat mich auch in diesem Jahr inspiriert. Mit 4.000 internationalen Studierenden aus über 100 Nationen haben wir an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg einen einzigartigen Mix an Erfahrungen, Fähigkeiten und Wissen, der das Unileben auf allen Ebenen bereichert. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in meinen Lehrveranstaltungen wider, in denen die unterschiedlichen Perspektiven der Studierenden lebendige Diskussionen entfachen und so zum gemeinsamen Verständnis über gelebte Vielfalt beitragen.

Am Lehrstuhl für Internationales Management setzen wir uns in der Forschung und Lehre seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Vielfalt auseinander. Vor allem interessiert uns, wie diverse Teams erfolgreich zusammenarbeiten können, und welchen Einfluss Führungskräfte dabei ausüben.

"Bestimmte Kompetenzen sind nicht wertvoller als andere, sondern vielmehr komplementär zueinander."

Stellen Sie sich vor, Sie führen ein Team von vier Personen mit unterschiedlichen Altersgruppen, Geschlechtern, Bildungswegen und kulturellen Hintergründen. Jedes Teammitglied hat einzigartige Erfahrungen und Fähigkeiten, die sich zu einem reichen Wissenspool ergänzen. Einige Teammitglieder bringen zum Beispiel Wissen über aktuelle Trends ein, während andere auf bewährtes Erfahrungswissen zurückgreifen. Bestimmte Kompetenzen sind nicht wertvoller als andere, sondern vielmehr komplementär zueinander und erweitern die Informationsbasis des Teams. Aus der Forschung wissen wir, dass diese Informationsvielfalt in einem wertschätzenden Arbeitsumfeld mit verschiedenen positiven Effekten verbunden ist und zu höherer Teamleistung, fundierten Entscheidungen und gesteigerter Innovationsfähigkeit führt.

Beitragsserie "Was mich 2023 geprägt hat"

Dieser Artikel ist Teil der Beitragsserie "Was mich 2023 geprägt hat". Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teilen für sie prägende Erlebnisse aus 2023 und was sie daraus für 2024 mitnehmen. Die Beiträge erscheinen zwischen dem 25. und 29. Dezember auf forschung-und-lehre.de.

Schubladendenken und Stereotype behindern Zusammenarbeit

Im beruflichen Kontext beobachte ich allerdings, dass verschiedene Kompetenzen und Perspektiven oft nicht als wertvolle Ergänzungen, sondern als etwas Trennendes angesehen werden. Die Unterschiede zwischen den Teammitgliedern werden oft auf Vorurteile und Stereotype reduziert. Teammitglieder werden automatisch in "Schubladen" gesteckt und Kategorien zugeordnet, die mit vordefinierten Merkmalen assoziiert sind. Beispielsweise werden Personen aufgrund ihres Alters automatisch in Kategorien wie jung oder alt, "GenZ" oder "Boomer" eingeordnet und dann mit vorgefassten Annahmen über ihre Eigenschaften verknüpft.

Dieses "Schubladendenken" führt innerhalb der Teams zur Bildung von Untergruppen, die sich voneinander abgrenzen und ein "wir" gegen "die anderen"-Gefühl hervorrufen. Studien zeigen, dass Teammitglieder dazu neigen, Informationen und Perspektiven ihrer eigenen Untergruppe anzunehmen und zu verarbeiten, aber die Informationen und Perspektiven der anderen Untergruppen zu ignorieren. Ein Informationsaustausch ist so nicht mehr möglich, und damit fehlt die breite Informationsbasis für qualitativ hochwertige Entscheidungen und innovative Ideen. Zudem entstehen Spannungen, die zu einer Abwärtsspirale beitragen, in der sich die Kommunikation innerhalb des Teams verschlechtert, die Zusammenarbeit abnimmt und schlussendlich das Potenzial des vorhandenen Wissenspools nicht genutzt wird.

"Ein Schlüssel zum Erfolg besteht darin, Verständnis für die Perspektiven anderer zu schaffen."

Die gute Nachricht ist, dass die Wahrnehmung von Unterschieden als Bereicherung gefördert werden kann. Ein Schlüssel zum Erfolg besteht darin, Verständnis für die Perspektiven anderer zu schaffen um somit Schritt für Schritt Vorurteile und Stereotype abzubauen. Meine Studierenden berichten aus ihren eigenen beruflichen Erlebnissen, dass viele Unternehmen die vorhandene Vielfalt in den Teams oft nicht aktiv managen und Teamdynamiken damit sich selbst überlassen. In Unternehmen, in denen die Zusammenarbeit von vielfältigen Teams allerdings gut funktioniert, nimmt die Führungskraft eine zentrale Rolle ein und fördert bewusst den Austausch zwischen den Teammitgliedern.

Ein äußerst effektives Werkzeug zum Führen von vielfältigen Teams ist dabei der Coaching-Ansatz, den meine Studierenden im Gastvortrag von Dr. Towanna Burrous, Gründerin des Coach Diversity Instituts, erleben konnten: "Coaching ist der Klebstoff, der allen unseren Mitarbeitenden hilft zu verstehen, wie sie ihre Vorurteile überwinden, ihre Kommunikation verbessern und ihre Leistung am Arbeitsplatz steigern können." Darüber hinaus gibt es weitere erfolgreiche Methoden, die Teammitglieder den Arbeitsalltag aus verschiedenen Perspektiven und Rollen erleben lassen und so ein Verständnis für die Lebensrealitäten anderer schaffen, wie zum Beispiel "Reverse Mentoring", bei dem ältere von jüngeren Teammitgliedern lernen, und Job Sharing.

Dies lässt sich hervorragend in die Lehre übertragen. In meinen Lehrveranstaltungen integriere ich gezielt Austauschformate und projektbezogene Gruppenarbeiten, um das Verständnis meiner Studierenden für unterschiedliche Kommunikationsstile sowie Arbeits- und Denkweisen zu fördern und ihre Sensibilität für die eigene Vorurteile zu schärfen. Auch mein Verständnis wird dadurch kontinuierlich vertieft.