Ein aufgeschlagenes Buch
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Buchbesprechung
Ohne Leitidee

Hat eine Institution wie die Universität ihre Leitidee verloren, wenn es zig Konzepte von ihr gibt? Das fragt sich der Autor dieser Buchbesprechung.

Von Georg Kamphausen 06.01.2019

Die Hochschulexpansion, so die These dieses Buches, verband sich mit einer Hochschulkonzepte-Expansion. Dieser Vielfalt muss sich stellen, wer die heutige Universitätslandschaft verstehen will. Genau 44 unterschiedliche Konzepte werden in dem anzuzeigenden Band identifiziert, "die aktuelle Relevanz haben", sowie drei hochschulpolitische Strömungen – konservative, marktliberale und chancenausgleichsorientierte –(zuweilen auch kritisch) beleuchtet.

Die drei Autoren arbeiten am Institut für Hochschulforschung Halle-Wittenberg und beschäftigen sich mit Hochschulpolitikanalyse, Hochschulorganisation, Wissenschaftszeit(geist)geschichte und Wissenschaft in regionalen Kontexten. Es geht also um die Vielfalt der gegenwärtigen Erwartungen, die von außen an die Universität herangetragen werden.

Nun, die Frage darf erlaubt sein, ob es denn bei der Vielfalt der Konzepte auch um die Suche nach dem richtigen Weg geht, also ob man alle Konzepte wirklich ernst nehmen soll? Ist es klug, Diener vieler Herren zu sein? Vor allem aber: Wenn Geld, Macht, Wahrheit oder Recht die Leitideen von Ökonomie, Politik, Wissenschaft und des Rechtsstaates sind, macht es prinzipiell wenig Sinn, die Universität als "eierlegende Wollmilchsau" neu zu erfinden.

Die Vorstellung, die Universität folge gleichzeitig einer Vielzahl unterschiedlicher (konkurrierender) Ideen, macht deutlich, dass ihr die eigentliche Leitidee (idée directrice) abhanden gekommen ist. Wer die an die "demokratische" Universität gerichteten Erwartungen (besser: Zumutungen) ernst nimmt, steigert die Quadratur des Kreises zur Normativität des Faktischen, weiß also nicht mehr, was eine Institution wie die Universität leisten kann und soll.

Auch wenn gesellschaftliche "Randbedingungen" sich verändern, bedeutet akademisch immer noch philosophisch und philosophisch theoretisch (Josef Pieper). Die Vorstellung, dass es Aufgabe der Familie sei, Kinder zu erziehen, mag man konservativ oder altmodisch nennen, sie verliert auch in modernen Gesellschaften nicht ihre prinzipielle Wichtig- und Richtigkeit. Die Tradition ist die "Demokratie der Toten" (Gilbert Keith Chesterton). Keine Institution hat diese Demokratie so nötig wie die Universität.

Buchcover

P. Pasternack / D. Hechler / J. Henke: Die Ideen der Universität. Hochschulkonzepte und hochschulrelevante Wissenschaftskonzepte. UniversitätsVerlagWebler, 2018, 39,70 Euro.