Auf der Anzeigetafel eines Kinos steht der Schriftzug: Bleiben Sie gesund und achten Sie Aufeinander - Bis bald.“
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Umgangssprache
Sprache in Zeiten von Corona

Wie beeinflusst die Coronavirus-Pandemie die Alltagssprache? Unter Germanisten gilt das Virus schon als Kandidat für das (Un-)Wort des Jahres.

21.03.2020

"Bleib gesund" oder "Pass auf dich auf": Mit der Coronavirus-Pandemie haben sich Abschiedsfloskeln in der Alltagssprache innerhalb weniger Wochen rasant verändert. Auch der Humor blüht. Für Forscher sind viele solcher Reaktionen hilfreich – als Ventil in schwierigeren Zeiten. Wenn etwas bedrohlich erscheine wie diese Pandemie, versuchten Menschen, sich zu entlasten, sagt Professor Peter Schlobinski, Vorstandschef der Gesellschaft für deutsche Sprache. "Die Sprache ist dabei ein wichtiges Mittel."

Er beobachtet Veränderungen bis hin zu E-Mail-Wechseln. Auch dort stehe nun oft "Bleiben Sie gesund" oder auch schon mal "Wir bleiben gesund!", sagt der Germanist. "Das sind typische Reaktionen auf eine besondere Situation. Diese Floskeln sind schon vorhanden, aber sie werden bei diesem Anlass nun besonders häufig gebraucht."

Diese Art von Kommunikation entstehe jetzt, weil die Coronakrise das Hauptthema sei, erläutert Schlobinski. Ob nun Abstand wahren oder Maske tragen – auch die sprachliche Ausdrucksseite habe etwas mit kreativer Situationsbewältigung zu tun. Auf sprachlicher Ebene gibt es für Schlobinski auch unterschiedliche Reaktionen auf Bedrohungen: "Man kann aggressiv werden, sie ignorieren und eben auch mit Humor reagieren", sagt er. Humor sei eine Form der Distanzierung, ein Umgehen mit diesem Problem.

Der oder das Virus? – Corona!

Selbst die Fachsprache bleibe gerade nicht vor Änderungen verschont. In ihr heiße es "das Virus", betont Schlobinski. Umgangssprachlich sei es aber "der Virus". "Ich habe den Eindruck, dass wir nun immer häufiger diese maskuline Form hören. Sogar Chefärzte sagen das jetzt." Der Virus – das sei nicht falsch. Aber vielleicht werde "das Virus" nun sprachlich durch diese Pandemie kaltgestellt.

Quarantäne. Für Germananisten ist das die Wiederbelebung eines fast ausgestorbenen Wortes, selten genug. Doch wer wusste bisher, was exponentielles Wachstum ist? "Das ist ein Fachbegriff aus der Mathematik, der sich jetzt viral verbreitet", sagt Schlobinski. "Nach der Coronakrise weiß vielleicht jeder Zweite, was damit gemeint ist." Längst hat Corona als Kurzform in Medien und Alltagssprache die korrekte Bezeichnung Coronavirus ersetzt. "Das ist im Prinzip wie Bus für Omnibus oder Auto für Automobil", sagt Schlobinski. Schneller und einfacher zu sprechen – und jeder weiß, was gemeint ist.

Corona als Wort? "Das war bisher eher positiv besetzt", sagt der Sprachforscher. "Man denke an den Strahlenkranz der Sonne, den Siegeskranz oder den Heiligenschein geistlicher Figuren." Ursprünglich komme das Wort mit der Bedeutung "Gekrümmtes" aus dem Griechischen. Das Lateinische entlehnte corona mit der Bedeutung Kranz oder Ring. Die Medizin schließlich taufte das Virus wegen seines kranzförmigen Aussehens auf Corona.

Für Germanisten ist Corona vom Klang her sogar sehr sympathisch: "Das Wort hat eine einfache Silbenstruktur. Das geht gut ins Ohr, weil es phonetisch sehr wohlgeformt und wohlklingend ist", sagt Schlobinski. Es gebe ja sogar den Vornamen Corona. "Der ist ganz selten, aber er wird in Deutschland noch vergeben." Bisher zumindest.

dpa