Eine Frau geht eine Straße in Kabul entlang. Sie trägt ein langes Gewand mit Kopftuch und Gesichtsschleier.
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Afghanistan
Universitäten wandeln sich unter den Taliban

Einige private Universitäten in Afghanistan haben wieder geöffnet: Der Unterricht soll von nun an geschlechtergetrennt erfolgen.

10.09.2021

Nach mehreren Wochen der Unklarheit haben einige private Universitäten in Afghanistan laut Medienberichten ihren Betrieb wieder aufgenommen – nach den Maßgaben der Taliban. Der Unterricht erfolge nun nach Geschlechtern getrennt oder in geteilten Seminarräumen. Frauen müssten zudem eine Kleidervorschrift befolgen.

Der neu berufene Minister für Hochschulbildung Abdul Baqi Haqqani hat laut "University World News" verkündet, dass Universitäten und Abschlüsse keine Bedeutung hätten im Vergleich zur Wichtigkeit der religiösen Gelehrten: Die regierenden Taliban und ihre Mullahs hätten keine Doktor- oder Mastertitel, manche nicht einmal den Sekundarschulabschluss, trotzdem seien sie "die Größten". Schon bei seinem ersten Treffen mit Vertretern privater und öffentlicher Universitäten, Hochschulbildungsexperten und Angehörigen seines Ministeriums am 29. August hatte er die Bedeutung islamischer Werte in der Bildung betont.

Geschlechtertrennung und Kleidungsvorschriften

Laut einem offiziellen Erlass des Ministeriums für Hochschulbildung sollen weibliche Studierende nach Möglichkeit von Dozentinnen unterrichtet werden oder, sollten diese fehlen, von hochrangigen Professoren mit gutem Ruf. Studentinnen und Dozentinnen müssten Abaya und Niqab tragen, ein langes Gewand und einen Kopf- und Gesichtsschleier, der nur die Augenpartie freilässt, beides aus schwarzem Stoff, wie "AFP" meldet. Einige private Universitäten haben diese Kleidungsregeln als verpflichtend an ihre weiblichen Universitätsangehörigen weitergeleitet, berichtet "University World News".

Kontakte zwischen Studentinnen und Studenten sollen laut Bericht vermieden werden, indem sie Seminare und Vorlesungen zeitversetzt beginnen und die jungen Frauen sich in Warteräumen aufhalten bis ihre männlichen Klassenkameraden das Universitätsgebäude verlassen haben. Auch Pausenräume sollen entsprechend geschlechtergetrennt sein.

Sorge um Folgen der Hochschulpolitik der Taliban

Beobachter sind besorgt darüber, welche Konsequenzen die Hochschulpolitik der Taliban für die Bildung afghanischer Mädchen haben wird. Sie fürchten, dass die Maßnahmen nur der Anfang seien und Frauen und Mädchen der Schul- und Hochschulbesuch gänzlich untersagt werde. Eine weitere Gefahr sehen sie darin, dass für den Schulunterricht von Mädchen nicht genügend ausgebildete Lehrerinnen mit Masterabschluss zur Verfügung stehen werden. Werde das Studium für Frauen erschwert, würden diese qualifizierten Lehrerinnen auf Dauer fehlen.

Aktuell seien nur zehn bis 20 Prozent der Studierenden an die private Gharjistan Universität in Kabul zurückgekehrt, zitiert der Bericht den Rektor der Universität. 30 Prozent der Studierenden hätten das Land verlassen. Die Abwanderung der Qualifiziertesten ist zu erwarten.

cpy