Digitalisierung
Videokonferenzen erzeugen hohe CO2-Emissionen
Mit den Einschränkungen der Corona-Pandemie ist die Zeit im Internet gestiegen. Durch die verringerte Mobilität werden zwar viele Emissionen eingespart, der zunehmende Datenverkehr hat aber ebenfalls einen nicht unerheblichen ökologischen Fußabdruck.
In einer Modellstudie haben US-Forscher berechnet, dass die weltweite Internetnutzung zuhause im Zuge der Corona-Pandemie um 15 bis 40 Prozent gestiegen ist. Der damit verbundene zusätzliche Energieaufwand in den Rechenzentren und für die Datenübertragung sei für bis zu 3,2 Millionen zusätzliche Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich, heißt es in der im Januar erschienen Studie.
Wer in einer Videokonferenz sein Video ausstellt, kann dabei viel CO2 einsparen. Bei beispielsweise 15 Meetings von einer Stunde pro Woche, komme man auf einen monatlichen CO2-Ausstoß von 9,4 Kilogramm, heißt es in der Studie. Mit ausgeschaltetem Video sinke dieser Wert auf 377 Gramm. Auch beim Streamen lasse sich der CO2-Fußabdruck drücken, etwa indem man die Videoqualität herunterschraube. Bei mehreren Stunden Streaming pro Tag könne das im Monat Dutzende Kilogramm CO2 einsparen.
Die Studie bezieht sich auf einen globalen Mittelwert. Davon auf einzelne Länder wie Deutschland zu schließen, sei schwierig, sagte die an der Studie beteiligte Umweltingenieurin Dr. Renee Obringer. "Es kann sein, dass Sie mit einem Server in China oder den USA verbunden sind, wenn Sie in Berlin ein Video online ansehen." Es mache jedoch einen Unterschied, wie der Strommix in einzelnen Ländern zusammengestellt sei und wie modern die Übertragungssysteme seien.
Auch nach Forschungsergebnissen im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) ist die Art des Datentransfers entscheidend für die CO2-Bilanz. Ein Videostream in HD-Qualität per Glasfaserkabel sei mit knapp zwei Gramm CO2-Ausstoß pro Stunde 45 mal effizienter als eine Übertragung per UMTS, also dem G3-Datennetz. Der Anteil der Rechenzentren an der Bilanz des Videostreaming liege bei jeweils 1,5 Gramm CO2 pro Stunde.
Videokonferenzen klimafreundlicher als Dienstreisen
Videokonferenzen sind unterm Strich dennoch meist klimafreundlicher als Konferenzen mit Anfahrt. Schon ab fünf Kilometer Anfahrtsweg mit dem Auto lohnt sich der Umstieg ins Virtuelle Meeting, rechnete eine am Donnerstag vorgestellte Studie vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) und dem Borderstep Institut vor.
Auch bei Anreise mit der Bahn, dem klimafreundlichsten der betrachteten Verkehrsmittel, lohne sich die digitale Alternative für das Klima. Eine Dienstreise von zwei Personen per Bahn von Berlin nach Stuttgart verursache rund 65 Kilogramm CO2, erklärte Studienautor Dr. Jens Clausen. Würden sich hingegen vier Personen für vier Stunden per Video treffen, fielen für Rechenzentrum, Kommunikationswege und Endgeräte rund ein Kilogramm CO2 an.
In Bezug auf die Hochschulen gleichen sich jedoch einer britischen Studie zufolge die von Mitarbeitern und Studierenden durch Fernarbeit und Fernlehre digital verursachten Emissionen mit denen des Pendelns auf den Campus aus. Für die Studie hat ein Forscherteam der Bournemouth University die CO2-Bilanz ihrer Hochschule während des ersten Lockdowns untersucht. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Online-Lehre weniger klimafreundlich sein kann als erwartet.
Die Haupteinsparungen im ökologischen Fußabdruck der Universität gingen der Studie zufolge auf fehlende Geschäftsreisen zurück. Die Emissionen durch Strom und Gas für die Instandhaltung der Gebäude sei hingegen während der Campusschließung im Frühjahr 2020 nur um die Hälfte gesunken. Hybrid-Formate der Hochschullehre seien daher möglicherweise weniger klimafreundlich als ausschließliche Präsenzlehre oder komplett digitale Lehre.
ckr/dpa