Als Roboter verkleideter Mensch und ein Roboter stehen auf einem Rollfeld mit Satellitenschüsseln
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Künstliche Intelligenz
Wie Kommunikation mit Maschinen gelingt

Noch ist der Dialog zwischen Mensch und Maschine begrenzt. Aber zwischenmenschliche Interaktion ist bei der Optimierung nicht das beste Vorbild.

Von Vera Müller 04.01.2020

Forschung & Lehre: Können Mensch und Maschine zu echten Gesprächspartnern werden?

Antje Meyer: Das kommt darauf an, was man unter Gespräch versteht. Beide Gesprächspartner haben in der Regel Ziele. Wenn man diese Ziele in den Computer einbauen kann, könnte man auch Computer zu Gesprächspartner "erziehen". Letztlich geht es hier nicht um ein sprachliches Problem, sondern darum, Computer dazu zu bringen, wie Menschen zu denken. Das ist allerdings sehr viel schwieriger. Wenn es zum Beispiel um einen einseitigen Informationsaustausch geht, kann ich mir sehr gut ein Gespräch mit dem Computer vorstellen. Eine solche Maschine würde in vielen Zusammenhängen vielleicht genauere und präzisere Informationen liefern. Ein Meinungsaustausch über die politische Situation in Europa beispielsweise ist dagegen sehr viel schwieriger, weil der Computer dazu auch eine Meinung haben müsste. In wieder anderen Fällen ist es für Menschen angenehmer, tatsächlich mit einer anderen Person zu sprechen. Das liegt vielleicht daran, dass man sich im Gespräch mit einer anderen Person nicht so präzise auszudrücken braucht.

Professor Antje Meyer ist Direktorin und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nimwegen, Niederlande. privat

F&L: Wie gut "verstehen" sich Menschen im Gespräch?

Antje Meyer: Wir wissen sehr wenig darüber, wie viel unsere Gesprächspartner wirklich verstehen. Untersuchungen haben ergeben, dass wir überschätzen, wie gut wir verstanden werden. Daher ist der Vergleich zwischen Mensch und Maschine etwas unfair, weil man bei der Maschine immer sagt, diese habe es ja gar nicht verstanden. Die Interaktion zwischen zwei Maschinen, wenn sie gut programmiert sind, funktioniert da besser. Beim menschlichen Verstehen ist es häufig so, dass man nicht gut einschätzen kann, welches und wieviel Vorwissen der andere bereits hat.

F&L: Ein Gespräch zwischen zwei Menschen ist auch von Emotionen geprägt. Wie bringt man das einer Maschine bei?

Antje Meyer: Auch hier wissen wir zunächst gar nicht, wie genau solche Emotionen bei einem Gespräch zwischen zwei Menschen wahrgenommen werden und welchen Einfluss sie beim Erkennen von Sprache haben. Das ist ein großes Forschungsfeld. Hier lautet erst einmal die Frage, wie sensibel sind Menschen? Und wenn man das weiß, kann man entscheiden, wie gut oder schlecht Computer damit umgehen können. Man kann Spracherkennungsmodelle erstellen, die zum Beispiel nicht nur auf die gesprochene Sprache reagieren, sondern auch auf Gesten schauen. Es gibt auch Software, die im Erkennen menschlicher Emotionen im Gesicht relativ gut ist. Das könnte man im Prinzip programmieren.

F&L: Nicht nur bei der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine, auch beim Sprachverstehen von Mensch zu Mensch gibt es also noch viel zu tun…

Antje Meyer: Die Psycholinguistik, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzt, ist eine relativ junge Forschungsdis­zi­plin. Natürlich gab es auch vorher schon Linguisten und Psychologen, die über all diese Fragen nachgedacht haben, aber erst in den letzten zehn oder 20 Jahren stehen uns die Instrumente zur Verfügung, um diese Fragen wirklich intensiv anzugehen, zum Beispiel durch Messung von Gehirnströmen und Big-Data-Analysen. Dadurch hat das Feld viel gewonnen. Unser Ziel ist es, zu definitiveren Aussagen darüber zu kommen, wie Sprachproduktion, also Sprechen und Verstehen, tatsächlich funktionieren, wie Menschen etwa Informationen aus dem gesprochenen Kanal mit Informationen über die Gestik und Mimik zusammenbringen oder wie Menschen herausfinden, was der andere schon weiß, und wieviel sie davon miteinbeziehen in ihr Gespräch.