Frau hält ein Tablet mit dem Youtube-Logo auf dem Bildschirm
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Wissenschaftskommunikation
Wissenschaft auf YouTube? Läuft!

Wie erklärt man Wissenschaft so, dass es jeder versteht? Forschung & Lehre stellt erfolgreiche YouTube-Kanäle zu Forschungsthemen vor.

Von Claudia Krapp 29.02.2020

Ob Heimwerkeranleitungen, Modetrends, Produkttests oder Finanztipps: für scheinbar jede Frage und Lebenslage gibt es mittlerweile ein Tutorial auf YouTube. Dass die Plattform aber nicht nur aus praktischen Alltags-Tipps und seichtem Geplänkel besteht, zeigen zahlreiche Videos, die sich fundiert mit wissenschaftlichen Themen befassen. Faktenbasiert, kurzweilig und leicht verständlich arbeiten darin diverse YouTuber erfolgreich ernste Wissenschaftsthemen für die breite Öffentlichkeit auf. Einige betreiben ihren Kanal allein und als Hobby, andere mit professioneller Unterstützung von Medienexperten.

Unter den YouTube-Kanälen deutscher Produzenten kommen die öffentlich-rechtlichen Medien nach eigenen Recherchen mit auf die höchsten Abonnentenzahlen. Sie stellen nur eine Handvoll Videos pro Monat online, dafür sind diese aufwändig und detailliert recherchiert sowie professionell aufgearbeitet. Der englischsprachige Kanal "Kurzgesagt – In a nutshell" umfasst mit 10,9 Millionen die meisten Abonnenten. Das Autorenteam des gleichnamigen Münchner Designstudios erstellt animierte Erklärvideos, um, wie sie schreiben, Wissenschaft "gut aussehen zu lassen". Dahinter folgt das deutsche Pendant "Dinge Erklärt – Kurzgesagt" mit rund 869.000 Abonnenten. Diesen Kanal betreibt die funk-Mediengruppe aus ARD und ZDF, die dort komplexe Themen aus Weltraumforschung, Physik, Biologie, Politik, Philosophie und Technik erklärt. Auf dem deutschen Kanal erscheinen sowohl Übersetzungen von dem englischsprachigen Partnerkanal als auch exklusive Inhalte für den deutschen Markt.

Ebenfalls für die funk-Gruppe arbeiten "MrWissen2Go" Mirko Drotschmann, der mit Videos über aktuelle Themen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft rund 1,17 Millionen Abonnenten verzeichnet, sowie Mai Thi Nguyen-Kim, die detailliert und differenziert auf populärwissenschaftliche Fragen antwortet und auf "maiLab" (vormals "schönschlau") rund 636.000 Abonnenten vereint. Derzeit befinden sich Moderatorin und Kanal in Elternzeit, in einigen Monaten soll es mit vergrößertem Team weitergehen. Neben diesen allgemeinen Themenkanälen gibt es unter "Musstewissen" auch fachspezifische Kanäle von funk für Chemie, Mathe, Physik und Deutsch. Ebenfalls auf YouTube erfolgreich sind Kanäle in Anlehnung an bekannte Fernsehformate – beispielsweise "TerraX Lesch &Co", ein Kanal des ZDF und "objektiv media", oder der WDR-Kanal "Quarks".

Unter den Zeitschriften ist der "NationalGeographic" mit 13,4 Millionen Abonnenten Spitzenreiter auf YouTube, umfasst jedoch neben Wissenschaft auch Abenteuer und Entdeckerthemen. Nur der Donnerstag steht bei National Geographic ganz unter dem Motto "Science". Wissenschaftliche Zeitschriften setzen ebenfalls auf YouTube, jedoch mit weit weniger Abonnenten. Das deutsche Magazin "Spektrum der Wissenschaft" kommt nur auf rund 12.700 Abos. Die englischen Fachzeitschriften verzeichnen hingegen mit "nature video" rund 411.000, mit "Scientific American" rund 214.000, mit dem "New Scientist" rund 189.000 und mit dem "Science Magazine" rund 185.000 Abonnenten.

YouTuber zwischen Hobby und Beruf

Auch einige in Eigenregie betriebene Kanäle zur Wissenschaftskommunikation sind durchaus erfolgreich. Bei den eigenständigen deutschen YouTubern hat Leon Baar mit rund 639.000 Abonnenten aktuell eine der größten Fangemeinden. Auf seinem Kanal "100SekundenPhysik", den er 2012 als 16-Jähriger Schüler gestartet hat, teilt er animierte Videos zu physikalischen Fragen. Auch der ehemalige TV-Moderator Christoph Krachten hat mit rund 581.000 Abonnenten viele Fans. Auf "Clixoom Science & Fiction" teilt er Forschungsergebnisse verschiedener Fachrichtungen, damit sich, wie er selbst sagt, "seriöse wissenschaftliche Inhalte gegen Verschwörungstheorien durchsetzen können". Zu dem deutschsprachigen Kanal gibt es auch ein Pendant auf Englisch, das rund 12.800 Abonnenten hat.

Mit rund 163.000 Abonnenten ist auch Jacob von "Breaking Lab" unter den erfolgreichsten deutschen Wissenschaftskommunikatoren auf YouTube. Dort nimmt er aktuelle Themen wissenschaftlich unter die Lupe, an der Uni Köln promoviert er passenderweise zu künstlicher Intelligenz und Lernen auf YouTube. Der Kanal "Brainfaqk" hat rund 134.00 Abonnenten. Der Name ist eine Wortkombination aus "Brainfuck" und "FrequentlyAskedQuestions" (FAQ). Moderator und Biotechnologie-Student "Börni" beschäftigt sich dort entsprechend mit häufigen Fragen und faszinierenden Themen aus Naturwissenschaft und Technik. Als "Doktor Whatson" ist Cedric Engels mit rund 139.000 Abonnenten auf YouTube unterwegs. Er erklärt vor allem Zukunftstechnologien sowie gesellschaftsrelevante Themen aus Wissenschaft und Philosophie, scheut aber auch nicht vor Schwarzen Löchern und Quantentechnologien zurück. Der hauptberufliche Geschäftsführer bei "TWENTYTWO Film" hat den Kanal als Student der filmschule Köln gegründet. Auch die Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim hat bereits als Doktorandin und vor ihrer Arbeit für die funk-Gruppe allein den YouTube-Kanal "The Secret Life Of Scientists" betrieben.

Von ernsthaft bis humorvoll

Unter den deutschen Forschungsorganisationen liegt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf YouTube weit vorn. Sein Kanal "DLR" verzeichnet 39.300 Abonnenten. "BestofScience", ein Zusammenschluss aus NASA, ESA, CERN und weiteren, hat rund 204.00 Fans. Zum Vergleich: die NASA kommt allein (und auf englisch) auf 5,16 Millionen Abonnenten. Das "Alfred-Wegener-Institut" (AWI) für Polar- und Meeresforschung verzeichnet rund 3.170 Abos. Die "Max-Planck-Society" kommt mit Videos über Forschungsprojekte und Wissenschaftspolitik auf stolze 25.200 Abos, die "Fraunhofer" Gesellschaft immerhin auf 2.640 Abos, die "Helmholtz Gemeinschaft" auf 2.060 und die "Leibniz-Gemeinschaft" auf 1.170 Abos.

Englischsprachige Kanäle sind international insgesamt erfolgreicher als deutschsprachige, weil diese ein größeres Publikum erreichen. Hier liegen die Abonnentenzahlen deutlich höher. Insbesondere populärwissenschaftliche YouTube-Kanäle, die ernste Themen mit Spaß und Spannung angehen, sind beliebt. Das Team um Michael Stevens erreicht mit mystischen Grundsatzfragen auf "Vsauce" beispielsweise 15,4 Millionen Abos. Mit Naturwissenschaften und Technik erzielen Mitchell Moffit und Gregory Brown auf "AsapSCIENCE" 9,09 Millionen Abos, "SmarterEveryDay" kommt auf 7,8 Millionen und "Veritasium" auf 6,76 Millionen. Das Team aus Hank Green, Michael Aranda und Olivia Gordon der "SciShow" vereint 6,07 Millionen Zuschauer und hat zudem kleinere Schwesterkanäle ("SciShow Space", "SciShow Psych" und "SciShow Kids"). Das "BBC Earth Lab" kommt auf 961.000 Abonnenten.