Zahlreiche Menschen aus Mittelamerika gehen gemeinsam zu Fuß an einer Landstraße in Richtung US-Grenze
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Weltweite Sicherheitslage
Friedensforscher warnen vor neuem Risiko-Zeitalter

Ein Forschungsbericht prognostiziert für die Zukunft diverse Sicherheits- und Umweltkrisen, die den Frieden bedrohen. Aber es gebe auch Hoffnung.

23.05.2022

Eine Mischung aus Umwelt- und Sicherheitskrisen birgt dem Forschungsinstitut Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) zufolge komplexe Risiken für den Frieden auf der Welt. Auf dieses "neue Zeitalter der Risiken" seien Entscheidungsträger bislang nicht vorbereitet, warnen die Friedensforscherinnen und -forscher aus Stockholm in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Darin zeichnen sie ein düsteres Bild von der künftigen weltweiten Sicherheitslage.

Der Bericht zeigt, wie Umweltkrisen – Klimawandel, Knappheit an Ressourcen, Aussterben von Arten  – mit Sicherheitskrisen und anderen Bedrohungen wie der Corona-Pandemie zusammenwirken können. In Somalia zum Beispiel hätten anhaltende Dürre und andere Folgen des Klimawandels, kombiniert mit Armut und einer schwachen Regierung, die Menschen in die Arme der islamistischen Terrormiliz Al-Shabaab getrieben. In Mittelamerika erhöhten die Auswirkungen des Klimawandels auf die Getreideernte in Kombination mit Gewalt und Korruption die Migration in Richtung der USA.

Heikler Zeitpunkt für politische Lösungen

"Viele Experten argumentieren, dass wir an einem entscheidenden Punkt stehen: Wir können die Umweltkrise ihren Lauf nehmen lassen oder das Problem jetzt erkennen und etwas dagegen tun", sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur. Dieser extrem wichtige Moment falle aber in eine Zeit, in der die internationale Politik in einem furchtbaren Zustand sei. Die Beziehungen zwischen den großen Mächten seien "giftig und gefährlich", Populismus und Nationalismus auf dem Vormarsch.

Dem Bericht zufolge verdoppelten sich in den 2010er-Jahren sowohl die Anzahl der bewaffneten Konflikte, an denen mindestens ein Staat beteiligt sei, als auch die der Todesopfer in Konflikten – ebenso wie die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen weltweit. Nach jahrelangem Rückgang sei die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe 2020 wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr hätten die weltweiten Militärausgaben einen Höchststand von mehr als zwei Billionen US-Dollar erreicht.

Zugleich beschreibt der Bericht alarmierende Entwicklungen der Umwelt. Etwa ein Viertel aller Arten sei vom Aussterben bedroht. Der Klimawandel sorge dafür, dass extreme Wetterereignisse häufiger und intensiver auftreten und so das Risiko großflächiger Ernteausfälle erhöhen. Die Politik müsse Risiken besser abschätzen und den Kampf gegen Umweltkrisen entschieden angehen.

Forschende zeigen Auswege für globale Krisen

Die Forscherinnen und Forscher des Sipri fordern einen schnellen Übergang zu einer "Grünen Ökonomie", der aber auch gerecht und friedlich erfolgen müsse. "Bei einer so großen wirtschaftlichen Veränderung gibt es immer sowohl Gewinner als auch Verlierer", sagte Smith. Die Interessen der meistbetroffenen Menschen müssten berücksichtigt werden. "Sonst entstehen neue Risiken für Konflikte."

Auch im Angesicht akuter Krisen wie Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine dürfe man dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren. "Es scheint, als könnten die meisten Regierungen nur eine Krise gleichzeitig bewältigen. Das ist ein enormer Komplikationsfaktor", so Smith. Die Pandemie habe aber auch gezeigt, was mit Entschlossenheit und internationaler Zusammenarbeit alles möglich sei – etwa bei der Entwicklung von Impfstoffen.

Die Forschenden wollen deshalb auch Hoffnung machen. "Die Menschheit hat das Wissen und die Fähigkeiten, aus den Schwierigkeiten zu entkommen, in denen wir uns befinden", sagte Smith. Dazu müsse aber jetzt gehandelt werden.

dpa/ckr