Bild von vielen PCR-Proben von Corona-Patienten
Charité | Victor Corman

Corona-Infektionen
Kinder haben ähnliche Viruslast wie Erwachsene

Einige Corona-Infizierte sind deutlich ansteckender als andere. Das Alter spielt dabei keine Rolle, belegt eine Studie von Christian Drosten.

26.05.2021

Mit seiner Schlussfolgerung aus ersten Daten von Corona-Infizierten, wonach Kinder genauso ansteckend seien wie Erwachsene, hatte der Virologe Professor Christian Drosten 2020 viel Aufmerksamkeit erregt. Diese Einschätzung hat sich anhand weiterer Daten bestätigt, die ein Forscherteam um Drosten nun in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht hat. "Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien", sagte der Experte für Coronaviren laut einer Charité-Mitteilung vom Dienstag.

In der Studie bestimmten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für mehr als 25.000 Covid-19-Fälle die sogenannte Viruslast, also die Menge des Viruserbguts in der PCR-Probe. "Die Erbgutkopien repräsentieren näherungsweise die Virusmenge im Rachen der Patienten und lassen daher Voraussagen über deren potenzielle Infektiosität zu", heißt es in der Mitteilung. Von mehr als 4.300 Fällen lagen mehrere Proben von verschiedenen Tagen vor, was Rückschlüsse auf den Verlauf der Infektion erlaubte. Untersucht wurden sowohl Infizierte ohne Krankheitsanzeichen als auch Patienten mit unterschiedlich schweren Symptomen.

Bei Erwachsenen zwischen 20 und 65 Jahren zeigten sich "keine nennenswerten Unterschiede" bei der Viruslast mit dem Alter. Bei älteren Kindern und Jugendlichen hätten sich die Werte mit steigendem Alter denen der Erwachsenen angeglichen. In den Proben von Kindern zwischen 0 und 5 Jahren seien die niedrigsten Viruslasten gefunden worden.

Die Werte von Kindern seien jedoch durch eine andere Art der Probenentnahme im Vergleich zu Erwachsenen beeinflusst: Es würden deutlich kleinere Tupfer eingesetzt, die weniger als halb so viel Probenmaterial einbrächten. Zudem würden statt der tiefen Nasenrachen-Abstriche oft einfache Rachenabstriche gemacht, in denen sich nochmals weniger Virus finde. Deshalb seien bei Kindern geringere Messwerte zu erwarten.

Einzelne Infizierte sind besonders ansteckend

Die Studie untermauert auch, dass ein relativ kleiner Teil der Infizierten für besonders viele Ansteckungen sorgt. Wie Drosten schilderte, gibt es in allen Altersgruppen, auch bei Kindern, Infizierte mit außergewöhnlich hohen Viruslasten. In der Studie betraf dies etwa neun Prozent der untersuchten Fälle. Mehr als ein Drittel dieser potenziell hochinfektiösen Personen hatte keine oder nur milde Symptome.

In Anbetracht der Ansteckungsgefahr durch gesund wirkende Infizierte betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie die Bedeutung von Maßnahmen wie Social Distancing und Maskentragen. Das Maximum der Virus-Ausscheidung liege ein bis drei Tage vor dem Symptombeginn. Personen, die später schwer krank wurden, hätten schon zu Beginn durchgehend eine sehr hohe Viruslast.

Zudem waren die rund 1.500 in der Studie untersuchten Menschen, die mit der zunächst in Großbritannien entdeckten Variante B.1.1.7 infiziert waren, offenbar ansteckender als mit anderen Varianten Infizierte. In ihren Proben wies das Forschungsteam eine im Schnitt zehnfach höhere Viruslast nach. Was genau das für die Infektiosität der Variante bedeute, sei noch nicht abschließend geklärt.

Erste Auswertungen zu Viruslasten hatte Drosten bereits vor mehr als einem Jahr vorgelegt, damals noch nicht von unabhängigen Fachleuten geprüft. Die Schlussfolgerung, dass Kinder so ansteckend sein könnten wie Erwachsene, war in der Debatte um die Öffnung von Schulen und Kindergärten viel beachtet worden. Die aktuelle Publikation ist deutlich umfangreicher als die ersten Daten. Es sei jetzt die wohl größte Untersuchung überhaupt zu diesem Thema, sagte Drosten.

Die Studie werde weiter fortgesetzt. Die Forschenden erhoffen sich daraus auch Erkenntnisse über die Veränderungen, die auftreten, wenn das Virus durch die Bildung von Varianten auf die zunehmende Immunisierung der Bevölkerung reagiert.

dpa/ckr