Foto des Datteln-Hamm-Kanals und des Kraftwerks Gersteinwerk in Nordrhein-Westfalen bei Sonnenaufgang
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Studie
Mehr Hitzetote durch Klimakrise

In einem neuen Bericht aus Großbritannien weisen Forschende auf große Gesundheitsrisiken infolge der Klimakrise hin, auch für Deutsche.

15.11.2023

Ob Waldbrände, Hochwasser oder Hitze – die Klimakrise ist omnipräsent. In Zukunft werden wir ihre Folgen noch stärker am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Zahl der Hitzetoten wird bis zur Mitte des Jahrhunderts um 370 Prozent steigen – selbst wenn der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bei knapp unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bliebe - das fanden 114 internationale Fachleute um Dr. Marina Romanello vom University College London in Großbritannien heraus. In ihrem Bericht "Lancet Countdown on healt and climate change", der gerade im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlich wurde, weisen die Expertinnen und Experten mit drastischen Zahlen auf die zukünftigen gesundheitlichen Folgen der Klimakrise hin.

Heute sind die Menschen weltweit an doppelt so vielen Tagen extremer Hitze ausgesetzt, so der Bericht, gegenüber dem Zeitraum der Jahre 1986 bis 2005. Für Kleinkinder und ältere Menschen kann das lebensbedrohlich sein. Die Zahl der Hitzetoten, die älter als 65 Jahre alt sind, sei um 85 Prozent gestiegen, im Vergleich zu den Jahren 1991 bis 2000.

"Nichtstun wird uns teuer zu stehen kommen, der Preis dafür sind Menschenleben", so Dr. Romanello in einer Mitteilung. Sie und ihr Forschungsteam erkennen zwar an, dass erneuerbaren Energien und andere Klimaschutzmaßnahmen deutlich zunehmen. "Dennoch reduzieren wir die Emissionen nicht annähernd schnell genug, um die Klimagefahren auf dem Niveau zu halten, das unsere Gesundheitssysteme es bewältigen können", sagte Dr. Romanello. 

Zu wenig Klimaschutz kann uns umbringen 

In Deutschland lagen die durchschnittlichen Sommertemperaturen in den vergangenen fünf Jahren fast zwei Grad höher als noch vor zwei bis drei Jahrzehnten. Das habe auch dazu geführt, dass 2022 rund 34 Millionen Arbeitsstunden hitzebedingt ausfielen. Zwölf Prozent mehr als noch vor dreißig Jahren, so der Bericht. In einer speziellen Auswertung für Deutschland schreiben die Autorinnen und Autoren: "Der geringe Einsatz von nun sechs Prozent sauberer erneuerbarer Energien und die fortgesetzte Nutzung fossiler Brennstoffe und Biomasse führen zu einer hohen Luftverschmutzung, was das Risiko von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenkrebs, Diabetes, neurologischen Störungen und ungünstigen Schwangerschaftsausgängen erhöht und eine hohe Krankheits- und Sterblichkeitsbelastung nach sich zieht."

Ein anderer Teil des "Lanchet"-Berichts widmet sich dem Zusammenhang von Klimawandel, Gesundheit und Ernährung. Die Forschenden fanden heraus, dass die Haltung von Nutztieren für fast sechzig Prozent aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft weltweit verantwortlich ist. Nicht nur Rinder stießen große Mengen Methan aus, auch die zum Futteranbau genutzten Agrarflächen seien klimaschädlich. Zudem wurden im Jahr 2020 global knapp zwei Millionen Todesfälle mit übermäßigem Verzehr von rotem Fleisch, verarbeitetem Fleisch und Milchprodukten in Verbindung gebracht, heißt es im Bericht. In Deutschland über 87.000 Todesfälle. Die Forschenden plädieren daher für eine pflanzenbasierte und fleischarme Ernährung.

Es gibt noch Hoffnung, aber auch Handlungsbedarf

Zum Glück haben die Forschenden nicht nur Negatives zu berichten: Die Todesfälle, die weltweit auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind, seit 2005 um fast 16 Prozent gesunken. Zudem seien vergangenes Jahr rund 1500 Milliarden Euro in erneuerbare saubere Energien investiert worden, über sechzig Prozent mehr als in fossile Energien. Und obwohl laut des Berichts aus Großbritannien in den vergangenen Jahren weltweit die Gefahren durch Waldbrände und die Ausbreitung tropischer Infektionskrankheiten steigen würden, weil Menschen durchschnittlich jedem vierten Tag lebensbedrohlicher Hitze ausgesetzt seien, gibt es wohl zumindest etwas Hoffnung. Die stammt von dem neuen Forschungsprojekt "HEATCOM", das sich der Erforschung von menschlichem Verhalten mit dem Ziel einer wirksamen Hitzekommunikation widmen wird. 

Laut Dr. Mirjam Jenny, wissenschaftliche Geschäftsführerin vom Institute for Planetary Health Behaviour (IPB) der Universität Erfurt, wo das Projekt angesiedelt ist und in Kooperation mit der Universität Bamberg durchgeführt wird, seien Hitzetote fast komplett verhinderbare Tote. Es fehle lediglich am Bewusstsein, sich gegen Hitze zu schützen.

"Laut unseren Studien wissen 70 Prozent der Menschen mit Hitze-Risiko-Faktoren nicht, dass sie Teil der Risikogruppe sind", so die Projektleiterin Dr. Jenny gegenüber F&L. Laut ihr wissen Menschen mit Risikofaktoren punkto Hitzeschutz nicht besser Bescheid als Menschen ohne. Auch Menschen, die Personen mit Risikofaktoren betreuuen, müssen hierbei ins Visier genommen werden. "Es gibt beim Thema Hitzeschutz also großen Informations- und Handlungsbedarf", so Dr. Jenny. 

kfi