Biopsychologie
Meta-Analyse: Berührungen können Schmerz und Angst lindern
Ein zartes Streicheln, eine entspannende Massage oder eine feste Umarmung: Berührungen können Schmerzen, Depressionen und Ängste bei Erwachsenen und Kindern lindern. Das zeigt eine Auswertung von mehr als 130 internationalen Studien eines Forschungsteams aus Bochum, Duisburg-Essen und Amsterdam, die am 8. April im Fachblatt "Nature Human Behaviour" veröffentlicht wurde.
"Berührung, die gewünscht ist, verbessert sowohl bei Menschen mit Erkrankungen in klinischen Situationen als auch bei Gesunden das Befinden", erklärte Studienautor Julian Packheiser vom Institut für Kognitive Neurowissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. "Wer den Impuls hat, Familie oder Freunde zu umarmen, sollte sich daher nicht zurückhalten, wenn das Gegenüber es nicht ablehnt." Der Biopsychologe hat sich bereits 2018 mit einem Forschungsteam dem Thema "Umarmungen" gewidmet (im Foto links).
Je häufiger berührt wird, umso förderlicher für die Gesundheit
Die Ergebnisse des Forschungsteams zeigen, dass kürzere, aber häufigere Berührungen besonders förderlich sind. "Es gilt nicht, je länger die Berührung, desto besser", so Packheiser. "Es muss keine teure, lange Massage sein, auch eine kurze Umarmung zeigt eine positive Wirkung."
In der Studie heißt es hierzu: "Es scheint weniger entscheidend zu sein, welche Art von Berührung stattfindet, sondern vielmehr spielt die Häufigkeit eine Rolle. Eine Erhöhung der Berührungseinheiten konnten mit der Linderung typischer Merkmale von Depressionen und Ängsten, aber auch mit Schmerzreduktionen bei Erwachsenen in Verbindung gebracht werden. Im Gegensatz zur Anzahl der Berührungseinheiten führte eine Verlängerung der individuellen Sitzungen nicht zu einer Verbesserung der Gesundheitseffekte."
Ebenfalls positive Effekte hätten Berührungen durch Objekte – etwa Roboter, Stofftiere oder Umarmungskissen. Diese führten zu einem ähnlichen körperlichen Nutzen wie die Berührung durch Menschen, aber zu kleineren Vorteilen für die psychische Gesundheit. Die Meta-Analyse erläutert, dass es für Situationen ohne die Möglichkeit menschlicher Nähe von Interesse sei zu klären, wie groß der Effekt von Berührungen durch Objekte und Roboter sei. Hier sei besonders auffällig, dass die psychischen Vorteile deutlich größer seien, wenn Menschen von Menschen und nicht von Objekten berührt werden würden.
Erwachsene weniger wählerisch, wer berührt
Von Berührungen profitieren dabei sowohl Erwachsene als auch kleine Kinder. "Bei Säuglingen ist es dabei von Bedeutung, dass es die Eltern sind, die diese Berührungen ausführen. Ihre Berührung wirkt besser als die von Pflegepersonen", berichtete Helena Hartmann von der Universität Duisburg-Essen. "Bei Erwachsenen zeigen sich aber keine Unterschiede zwischen bekannten Personen und professionellem Personal."
Die Studie führt hierzu aus, dass frühere Studien angedeutet hätten, dass früher Hautkontakt und der Geruch der Mutter für die Fähigkeit eines Neugeborenen, sich an eine neue Umgebung anzupassen, entscheidend wären, was die Vorstellung unterstützen würde, dass elterliche Fürsorge in dieser Zeit schwer zu ersetzen wäre. In Bezug auf altersbedingte Effekte würden die Daten weiterhin darauf hinweisen, dass mit zunehmendem Alter ein höherer Nutzen durch Berührung für den systolischen Blutdruck einherginge.
Den größten Effekt der Berührungen bei Erwachsenen belegten die zahlreichen Studien für die mentale Verfassung der Versuchspersonen. So nahmen Schmerz, Depressivität und Angst signifikant ab. Auch auf kardiovaskuläre Faktoren wie Blutdruck oder Herzfrequenz wirkten sich die Berührungen positiv aus, zeigten aber einen geringeren Effekt.
cva