Auf drei Bergspitzen sind drei Menschen zu sehen, die in die ferne Berglandschaft blicken.
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Exzellenzstrategie
Spitzenförderung fördert kooperative Vernetzung

Die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder soll Spitzenleistung fördern. Einige Ziele bleiben dabei auf der Strecke.

05.02.2024

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wissenschaftsrat (WR) haben heute 41 Gewinner-Projektskizzen bekanntgegeben. Sie sind damit in der nächsten Runde der "Förderlinie Exzellenzcluster" und dürfen einen offiziellen Antrag stellen. Mit den "Exzellenzclustern" werden international wettbewerbsfähige, teils bereichsübergreifende Forschungsfelder an Universitäten oder Universitätsverbünden projektbezogen für sieben Jahre gefördert. 

In den vergangenen Monaten waren 143 Bewerbungen in 21 international besetzten Panels nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien begutachtet worden. Die Skizzen waren von 59 Hochschulen bei der DFG eingereicht worden. Die vom Expertengremium ausgewählten Projekte konkurrieren mit den 57 bereits geförderten Exzellenzclustern, die sich um sieben weitere Förderjahre bemühen werden. Die ausführlichen Vollanträge sollen bis 22. August gestellt werden. Nach Begutachtungen entscheidet die Exzellenzkommission im Mai 2025, wer eine Förderung bekommt. Die dann erfolgreichen Exzellenzcluster erhalten ab 1. Januar 2026 für sieben Jahre finanzielle Unterstützung. 

DFG-Präsidentin Professorin Katja Becker resümierte zum Abschluss der Sitzung des Expertengremiums: "Die eingereichten Skizzen zeigten schon in ihrer Gesamtheit die große Ideenvielfalt und hohe Leistungsfähigkeit der deutschen Hochschulen und auch die außergewöhnliche Attraktivität einer Förderung in der Exzellenzstrategie. Hier unter höchsten wissenschaftlichen Qualitätskriterien eine Auswahl zu treffen, war auch mit manchen knappen Entscheidungen verbunden." 

“Die eingereichten Skizzen zeigten schon in ihrer Gesamtheit die große Ideenvielfalt und hohe Leistungsfähigkeit der deutschen Hochschulen"
DFG-Präsidentin Professorin Katja Becker

13 Projektskizzen sind von mehreren Universitäten eingereicht worden, darunter sieben von drei Universitäten gemeinsam. Nahezu alle Skizzen sehen die Beteiligung außeruniversitärer Partnerinnen und Partner vor. Die Mehrzahl der Konzepte wird von interdisziplinären Konsortien getragen. In zehn Skizzen sind die Geistes- und Sozialwissenschaften am stärksten vertreten, in 15 Skizzen die Lebenswissenschaften, in acht Skizzen die Naturwissenschaften und in ebenfalls acht Skizzen die Ingenieurwissenschaften. 

Die bisher geförderten Cluster sind überwiegend aus Technik und Naturwissenschaften. Die neu ausgewählten 41 Skizzen kommen von 37 Hochschulen aus 13 Bundesländern. Darunter fallen Hochschulen in Aachen, Berlin, Bonn, Bremen, Darmstadt, Essen, Duisburg, Hamburg, Dresden, Erlangen-Nürnberg, Frankfurt am Main, Freiburg, Halle-Wittenberg, Hannover, Heidelberg, Jena, Köln, Leipzig, Magdeburg, Mainz, München, Würzburg, Oldenburg und Tübingen. 

Ziele, nächste Schritte und erste Erfolge der Exzellenzstrategie 

2026 erfolgt die Ernennung der Exzellenzuniversitäten. Damit Universitäten oder Universitätsverbünde einen Antrag in der Förderlinie Exzellenzuniversitäten stellen können, benötigen sie mindestens zwei erfolgreiche Exzellenzcluster. Welcher Forschungsstandort durch die Exzellenzstrategie wie gestärkt wird, ist auch eine politische Frage. 

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erläutert auf seiner Website den Sinn des Förderprogramms so: "Die Förderung soll wissenschaftliche Spitzenleistungen ermöglichen, die Profile der Universitäten schärfen und zu noch stärkerer Vernetzung und Kooperation im Wissenschaftssystem anregen." Messbare Erfolge werden vor allem bei der Kooperationsförderung gesehen, wie auf der Website der Exzellenzstrategie zu lesen ist: "Statistiken zeigen, dass die Exzellenzförderung Vernetzung auf verschiedenen Ebenen ermöglicht. Auf der regionalen Ebene kooperieren Universitäten sowohl miteinander als auch mit anderen Forschungseinrichtungen oder Unternehmen. Zahlreiche Fälle von Wissenstransfer in die Wirtschaft oder die Gesellschaft illustrieren den Erfolg dieser Kooperationen (…)." 

"Statistiken zeigen, dass die Exzellenzförderung Vernetzung auf verschiedenen Ebenen ermöglicht."
Information von der Website exzellenzenergie.de

Der Exzellenzcluster-Wettbewerb in der zweiten Phase der Exzellenzstrategie ist gegenüber der ersten Phase deutlich ausgeweitet und finanziell aufgestockt worden: Nach einem Beschluss der GWK vom November 2022 sollen künftig bis zu 70 Exzellenzcluster gefördert werden können; in der laufenden ersten Runde sind es 57. Die für die Förderung vorgesehenen Mittel wurden von Bund und Ländern von 385 Millionen Euro auf 539 Millionen Euro pro Jahr angehoben. 

Ab 2026 stehen in der Exzellenzstrategie insgesamt 687 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Es bleibt dabei, dass 75 Prozent des Geldes vom Bund stammen, 25 Prozent vom jeweiligen Sitzland des Exzellenzclusters beziehungsweise von der Exzellenzuniversität. 

Kritikpunkte seitens Studierender und aus der Wissenschaft 

Als die Exzellenzstrategie noch Exzellenzinitiative (2005-2017) hieß, in ihren Grundzügen aber ähnlich funktionierte, bemängelten diverse Studierendenvertretungen als große Nachteile der Exzellenzförderung, dass sie strukturelle Finanzierungsprobleme ignoriere, es sich um reine Prestigeförderung handele und kleine Fächer sowie kleine Universitäten zu kurz kämen. 

Wissenschaftsvertreterinnen und Wissenschaftsvertreter kritisieren außerdem, dass Universitäten und Forschende, die keine Förderung erhielten, gegenüber anderen Universitäten dauerhaft abgehängt würden. Auch spielten bei der Vergabe die Höhe der bereits erworbenen Drittmittel einer Universität keine Rolle, so dass manche Hochschulen mehrfach gefördert würden. Kleinere Hochschulen und geisteswissenschaftliche Fachbereiche hätten oft das Nachsehen innerhalb dieses Zwei-Klassen-Systems. Die Exzellenzförderung treibe die Forschenden zudem in eine künstlich initiierte Dauerkonkurrenz um staatliche Mittel. Erhielten Universitäten und Forschungsprojekte schließlich keine Förderung über die Exzellenzstrategie mehr, müssten sie selbst sehen, wie sie ihre millionenschweren Prestigeprojekte weiter führten – meist auf Kosten kleiner Fachbereiche. 

Dazu konstatiert Christiane Fuchs, politische Geschäftsführerin des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi), gegenüber “Forschung & Lehre": "Die Exzellenzstrategie ist ein Wettbewerb unter ungleichen Startbedingungen(…): Finanziell gut aufgestellte Universitäten können mehr Ressourcen in die Teilnahme am Exzellenz-Wettbewerb stecken und erhöhen damit ihre Erfolgschancen, während weniger üppig finanzierte Hochschulen abgehängt werden. (...) Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass Geistes- und Sozialwissenschaften – insbesondere wenn der Fokus auf rein disziplinären Fragestellungen liegt – im Vergleich zu den Forschungsbereichen Ingenieurs-, Lebens- und Naturwissenschaften weniger von der Exzellenzstrategie profitieren." 

Als die Exzellenzinitiative 2016 von der sogenannten Imboden-Kommission geprüft wurde, war einer der Kritikpunkte im Abschlussbericht bezogen auf die Manifestierung wenig verlässlicher Karrierewege in der Wissenschaft: "Insgesamt wurden mit der Exzellenzförderung (….) in erster Linie weitere befristete Stellen für Nachwuchswissenschaftler/innen geschaffen. (…) Dies hat die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses – inklusive der Beteiligung von Frauen im Wissenschaftsbetrieb – (…) insgesamt nicht nennenswert verbessert, sondern die endgültige Entscheidung über eine akademische Karriere eher zu höherem Alter verschoben." 

“Insgesamt wurden mit der Exzellenzförderung (….) in erster Linie weitere befristete Stellen für Nachwuchswissenschaftler/innen geschaffen.”
Aus dem Imboden-Prüfungsbericht 2016

Negative Auswirkungen bescheinigt die Imboden-Expertenkommission der Exzellenzinitiative auch, was ihre Auswirkungen auf die Lehre angeht. In der Forschung erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden durch die Exzellenzinitiative damit belohnt, von Lehraufgaben befreit zu werden: "Das erhöht die Lehrverpflichtung ihrer Kollegen/innen und reduziert den Kontakt mit den Studierenden, die dadurch weniger Gelegenheit haben, von den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu profitieren." Dies entspricht dem Eindruck von Bildungsverlaufs-Experten, dass die Lehre einen nachrangigen Status bei Universitätskarrieren besitze. 

Dr. Michael Kröher, Arzt und Wissenschaftsredakteur, erläuterte 2019 in einem Experten-Quartett des Deutschlandfunks darüber hinaus die Problematik der zyklusmäßigen Bewerbungsrunden: "Was ich problematisch finde ist, dass man alle sieben Jahre sich inhaltlich neu definieren muss; dass man den Kurs neu abstecken muss." 

"Was ich problematisch finde ist, dass man alle sieben Jahre sich inhaltlich neu definieren muss; dass man den Kurs neu abstecken muss." 
Dr. Michael Kröher, Arzt und Wissenschaftsredakteur

Externe Evaluation zur weiteren Optimierung der ExStra geplant 

Es gibt noch keine systematisch erhobenen Erkenntnisse darüber, ob zumindest den im Imboden-Bericht genannten Kritikpunkten mittels vollzogener Reformen innerhalb der Exzellenzstrategie inzwischen entgegengewirkt werden konnte. Bund und Länder haben Ende 2022 eine Weiterentwicklung der Exzellenzstrategie festgelegt. Es wurde entschieden, nach Abschluss der zweiten Förderphase eine externe Evaluation hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die vereinbarten Ziele unter Beteiligung internationaler Expertinnen und Experten durchführen zu lassen. 

Zu möglichen Ansätzen für eine Reform der Exzellenzstrategie äußert sich die politische Geschäftsführerin des BdWi gegenüber “Forschung & Lehre" kritisch: “Der Wissenschaft wäre mehr geholfen, flössen die für die Exzellenzstrategie veranschlagten Gelder direkt in die Forschungsetats der Hochschulen, statt den kosten- und zeitintensiven Umweg über die Exzellenzstrategie zu wählen.” 

Ausblick auf die Auswahl der Exzellenzuniversitäten 

In der "Förderlinie Exzellenzuniversitäten" steht nun ebenfalls die zweite Wettbewerbsphase an. Für diese beschloss das Expertengremium die Ausschreibungsunterlagen. Diese werden am 28. März 2024 auf der Website des WR gemeinsam mit dem aktualisierten Evaluationsleitfaden für bereits geförderte Exzellenzeinrichtungen veröffentlicht. Die Antragstellung für eine Förderung als Exzellenzuniversität beziehungsweise -verbund erfolgt ohne Skizzenphase. 

Sollten bereits geförderte Exzellenzuniversitäten die notwendige Anzahl an Exzellenzclustern nicht erreichen beziehungsweise im Rahmen der Evaluation Ende 2025 negativ bewertet werden, können die frei gewordenen Plätze nachbesetzt werden. Die Kommission bekräftigte, dass die Förderentscheidungen ausschließlich auf der Grundlage des wissenschaftsgeleiteten Verfahrens vorgenommen werden. “Die Entscheidung der Exzellenzkommission schafft einen zusätzlichen Möglichkeitsraum zur Teilhabe an der Förderlinie Exzellenzuniversitäten und spiegelt das Vertrauen der Kommission in die Exzellenz des deutschen Wissenschaftssystems wider”, sagte der WR-Vorsitzende Wolfgang Wick.

Neuerungen in der Exzellenzstrategie seit November 2022

  • Erhöhung der bereitgestellten Mittel auf 539 Millionen Euro in der zweiten Förderperiode ab 2026.
  • Erweiterung des Wettbewerbsraums: Erhöhung der Exzellenzcluster-Anzahl von 57 auf 70 Förderfälle. 
  • In der Förderlinie Exzellenzuniversitäten können in der zweiten Förderphase ab 2027 bis zu vier weitere Förderfälle hinzukommen. 
  • Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat spezifiziert, dass bei der Bewerbung von Universitätsverbünden mit mehr als drei Universitäten im Bereich Exzellenzcluster eine Festlegung erfolgen muss, welchen der beteiligten Universitäten die Fördervoraussetzung Exzellenzcluster in der Förderlinie Exzellenzuniversitäten angerechnet werden soll.  
  • Es wurde beschlossen, im Anschluss an die zweite Förderphase 2032 eine externe Evaluation der ExSta durchführen zu lassen. Der Fokus soll hierbei auf den Auswirkungen auf die vereinbarten Ziele liegen. 

Dieser Artikel wurde am 5.2. um 11 Uhr aktualisiert. Er wurde erstmals am 2.2. veröffentlicht. 

cva