Fischsterben in der Oder: Tote Fische am Flussufer
picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Fischsterben
Was man aus der Oder-Katastrophe lernen kann

Tonnenweise Fische, Muscheln und Wasserschnecken sind im Sommer in der Oder verendet. Wie kann man eine solche Katastrophe in Zukunft verhindern?

12.09.2022

Mehr Nachhaltigkeit in der Nutzung der Oder und Regulierung von Eingriffen in ihr Ökosystem fordern Forschende des Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), die Lehren aus der Oder-Katastrophe im August gezogen haben. Am Montag veröffentlichten sie ein Papier mit Handlungsempfehlungen für Politikerinnen und Politiker. Die Forschenden beschreiben, wie dem Fluss nach der menschengemachten Umweltkatastrophe geholfen werden kann und wie sich das Risiko solch schwerer ökologischer und auch wirtschaftlicher Schäden in Zukunft verringern ließe.

Laut Mitteilung des IGB müssten flussbauliche Maßnahmen an der Oder weiter reguliert werden. Bisherige Maßnahmen etwa zur Vertiefung des Flusses hätten die natürliche Widerstandsfähigkeit des Flusses gegenüber hydrologischen und klimatischen Veränderungen reduziert. Um ähnliche Krisen zu verhindern, sollten natürliche Prozesse zum Hochwasserschutz und Wasserrückhalt in der Landschaft wiederbelebt und menschliche Eingriffe möglichst zurückgebaut oder abgemildert werden. Die Forschenden nennen beispielhaft die Wiedervernetzung mit Nebengewässern.

Das Ökosystem des Flusses muss stabilisiert werden, mahnen die Forschenden: So sollten etwa keine gebietsfremden Tierarten eingeführt werden.  Die Oder werde durch verschiedene Einleitungen von menschlichen Nähr- und Schadstoffen belastet, etwa durch Nitrat und Phosphor aus der Landwirtschaft und aus Kläranlagen, sowie chemische Substanzen aus der Industrie und dem Bergbau. Landwirtschaft, Bergbau und Industrie müssten ihre Emissionen erheblich reduzieren, um diese Stoffe in der Oder zu senken. Die Forschenden fordern an die Wassermenge angepasste Grenzwerte, die die Konzentration im Wasser berücksichtigen und nicht die Gesamtmenge der eingeleiteten Stoffe.

Gewässer nachhaltig nutzen

Allgemein sollte die nachhaltige Nutzung des Gewässers sichergestellt werden. Dazu gehöre auch die Stärkung eines international harmonisierten Gewässermanagements. Die Katastrophe habe gezeigt, dass die internationale Kooperation nicht ausreichend war. Das Monitoringsystem sollte ausgeweitet werden, fordern die Forschenden. Das Messstellennetz sollte demnach in Tschechien, Polen und Deutschland ausgeweitet und stärker automatisiert werden. Um auf problematische Entwicklungen schnell reagieren zu können, sollten die Daten frei, unmittelbar und möglichst auf einer einheitlichen Plattform verfügbar sein.

Das IGB hatte mit eigenen Untersuchungen zur Klärung der Ursache des Fischsterbens beigetragen. Die Detailanalyse der Katastrophe dauere derzeit noch an, so das IGB. Belegt sei allerdings die zentrale Rolle der starken Vermehrung der giftigen Brackwasser-Alge Prymnesium parvum, die durch das Einleiten industrieller Abwässer und eine darauf folgende hohe Salzkonzentration begünstigt worden sei. Ebenfalls einen folgenreichen Einfluss hätten die hohen Wassertemperaturen und die geringe Wassermenge im August gehabt. Das von der Alge gebildete Gift habe zum Tod tausender Fische, Muscheln und Wasserschnecken geführt. Nun würden gestorbenen Tiere von Bakterien zersetzt. Dies könne zu extremem Sauerstoffmangel und weiterem Fischsterben führen, wie es derzeit in einzelnen Abschnitten der Oder und ihrer Nebengewässer beobachtet werde.

cpy