Zwei Kollegen beäugen sich gegenseitig neidisch
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Neid an Hochschulen
Neid tut weh, motiviert aber auch

Herausragende Leistungen ermöglichen eine wissenschaftliche Karriere. Neben Bewunderung lösen die Erfolge anderer aber auch Neid an Universitäten aus.

Neid empfinden wir, wenn andere etwas haben oder können, was wir selbst auch gern haben oder können wollen. Damit ist Neid ein ganz alltägliches Gefühl. Seien Sie ehrlich! Ein bisschen schmerzhaft können die Erfolge anderer im Forschungsalltag schon manchmal sein. Vielleicht, als die Kollegin begeistert erzählte, dass ihr Drittmittelantrag bewilligt wurde, Sie von der Zitationsrate eines Kollegen einer befreundeten Arbeitsgruppe erfuhren, oder wenn ein Ruf dann doch nicht an Sie, sondern an eine Konkurrentin ergangen ist.

Natürlich sind in einem solchen Moment auch andere Gefühle möglich. Vielleicht freuen Sie sich für die andere Kandidatin, bewundern die Zitationsrate des Kollegen und teilen den Stolz auf die Drittmittelerfolge ihrer Kollegin. Auch dies sind Gefühle, die durch besondere Leistungen anderer hervorgerufen werden. Sie werden positiv erlebt und sind sozial akzeptiert, während Neid etwas ist, was wir nicht so gerne zugeben. Der Neid hat aber auch seine guten Seiten.

"Neid hat auch seine guten Seiten."

Neid wird durch Vergleiche mit anderen ausgelöst. Solche sozialen Vergleiche dienen zunächst dazu, sich selbst und seine Leistungen, Eigenschaften und Fähigkeiten einschätzen zu können. Gleichzeitig liefern Vergleiche Informationen über die eigene Position im sozialen Gefüge. Welchen Status genießen wir in einer Gruppe? Status ist Ausdruck der Anerkennung durch andere und diese Anerkennung untermauert unseren Selbstwert.

Status fühlt sich aber nicht nur gut an, sondern eröffnet auch Möglichkeiten. Personen mit hohem Status haben mehr Einfluss und – um auf das Wissenschaftssystem zurückzukommen – die Anerkennung anderer hilft, Preise zu gewinnen, Drittmittel zu akquirieren und gut ausgestattete Positionen zu erhalten. In dem Streben nach Anerkennung und Status dient Neid als Warnsignal: Es schmerzt zu sehen, dass andere besser und weiter sind als wir selbst.

Missgunst oder motivierender Anreiz?

Diese schmerzhafte Erkenntnis geht mit dem Wunsch einher, die Differenz zur überlegenen Person zu reduzieren. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder verbessern wir die eigene Position oder verschlechtern die Position des anderen. In der deutschen Sprache drückt sich dieser Unterschied in den Begriffen beneiden und missgönnen aus. Missgunst beinhaltet feindselige Gefühle. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die andere Person: Wäre sie doch bloß nicht mehr so erfolgreich! Dies kann das soziale Miteinander untergraben. Die Forschung bezeichnet das als bösartigen Neid (malicious envy).

Manchmal steht beim Neid aber auch der eigene Weg zur Errungenschaft im Mittelpunkt. Der Fokus liegt dann darauf, wie wir ebenfalls bekommen, was andere haben. In der Form des gutartigen Neids (benign envy) motiviert uns der schmerzhafte Vergleich, Ziele mit Eifer zu verfolgen. Gutartiger Neid kann sich positiv auf die individuelle Leistungsfähigkeit auswirken und fördert den Mut, Risiken einzugehen und Herausforderungen anzunehmen. Dennoch soll das nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Neidformen als unangenehm erlebt werden und weh tun.

Wovon hängt es ab, ob eher gutartiger oder bösartiger Neid empfunden wird? Neid motiviert dann, wenn der Weg zum Erfolg als kontrollierbar erlebt wird. Darin unterscheiden sich Menschen. Den Gedanken, dass etwas leicht oder nur schwer zu schaffen ist, kann uns der Moment aber auch aufdrängen. Es ist zudem wichtig, ob wir das Gefühl haben, dass die andere Person ihren Erfolg verdient. Erscheint der Erfolg unverdient, ist bösartiger Neid wahrscheinlicher. Generell wird Neid befeuert, wenn wir sehen, dass andere besonders stolz auf einen Erfolg sind. Wie die andere Person ihren Stolz ausdrückt beeinflusst mit, ob eher gut- oder bösartiger Neid erlebt wird.

Manchmal kann man förmlich sehen, dass andere ihren Erfolg auf harte Arbeit zurückführen – sie sind stolz auf die Früchte ihrer Anstrengung. Der erlangte Status ist leistungsbasiert. Das signalisiert Kontrollierbarkeit und Verdientheit und löst eher gutartigen Neid aus. Manchmal hat Stolz aber auch eine andere Botschaft. Führen andere ihren Erfolg augenscheinlich auf stabile Eigenschaften wie Talent zurück, lesen wir Überheblichkeit ab und vermuten eine Geste der Dominanz. Dies führt eher zu bösartigem Neid.

Ob in der Wissenschaft mehr gutartiger oder mehr bösartiger Neid ausgelöst wird, hängt somit wahrscheinlich von den Personen, aber auch vom Wissenschaftssystem selbst ab. Erfolge, die planbar und leistungsbasiert sind, sollten für gutartigen Neid förderlicher sein als Standesdünkel und Prozesse, die undurchschaubar sind.

Bewunderung statt Neid

Aber wäre es nicht am besten, wenn man gar keinen Neid, sondern reine Bewunderung empfinden würde? Bewunderung ist ein angenehmes Gefühl und enthält keinen Schmerz. Die Datenlage ist kompliziert. Sie spricht dafür, dass Bewunderung nicht in der gleichen Qualität motiviert. Die Motivation des gutartigen Neids ist konkret und unmittelbar. Unser ersehntes Ziel wird uns vor Augen geführt, aber gleichzeitig die Gewissheit, dass wir davon noch entfernt sind. Es könnte diese schmerzhafte Diskrepanz sein, die besonders zu Taten motiviert. Bei der Bewunderung fehlt der unmittelbare Vergleich. Wenn Bewunderung motiviert, dann wahrscheinlich abstrakter und weniger fokussiert: Irgendwann möchte ich auch etwas Großes leisten.

"Das Wissenschaftssystem bietet einen idealen Nährboden für Neid."

Vieles spricht dafür, dass das Wissenschaftssystem einen idealen Nährboden für Neid bietet. Die wissenschaftliche Karriere ist mit viel Unsicherheit behaftet. In solchen Situationen sind soziale Vergleiche besonders bedeutsam. Das System ist dabei hoch kompetitiv. Nur wenige schaffen es am Ende auf eine Professur. Damit fördert das System soziale Vergleiche und baut auf ihnen auf. Quantitative Kriterien wie Impact-Faktoren, Zitationsraten und Drittmittelvolumen vereinfachen soziale Vergleiche, und Soziale Netzwerke wie ResearchGate fördern sie mit eigenen Metriken des Erfolgs.

Obwohl gutartiger Neid positive motivationale Konsequenzen hat und natürlich auch Stolz über eigene Erfolge zu noch mehr Anstrengung anfeuern kann, birgt ein solches System ebenfalls die Gefahren von bösartigem Neid, der die kooperative Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefährdet. Dies sollte beim Ruf nach immer mehr Wettbewerb in der Wissenschaft nicht vergessen werden.