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Wissenschaftlicher Nachwuchs
Was bei der Tenure-Track-Berufung zu beachten ist

Ein Tenure Track bietet die Chance auf eine entfristete Beschäftigung in der Wissenschaft. Eine gute Vorbereitung auf die Bewerbung lohnt sich.

Von Martin Hellfeier 02.11.2020

Tenure-Track-Stellen werden in diesem Rahmen hauptsächlich als W1-(Junior-)Professuren mit anschließender Übertragung einer W2- respektive W3-Professur ausgeschrieben. Des Weiteren werden W2-Professuren auf Zeit besetzt, die danach entweder als solche entfristet werden oder in eine W3-Professur auf Lebenszeit einmünden. Den genannten Tenure-Track-Konstellationen ist gemein, dass schon bei der Ausschreibung angelegt ist, dass die Professur nach der Tenure-Track-Phase ohne Prüfung struktureller und/oder finanzieller Vorbehalte entfristet wird, wenn die hierzu erforderlichen Evaluationen positiv verlaufen.

(Junior-)Professorinnen und -Professoren haben daher grundsätzlich einen Anspruch auf Entfristung nach positiver Evaluation. Damit unterscheidet sich dieser so genannte "echte" Tenure-Track vom "unechten", bei dem im Rahmen der Ausschreibung kenntlich gemacht wird, dass (lediglich) die Option besteht, die (Junior-)Professur in eine unbefristete Professur übergehen zu lassen. In einem solchen Fall können auch außerhalb der reinen Leistungsbewertung liegende Umstände eine Entfristung verhindern.

Infos zu Berufungsverhandlung anfragen

Im Zuge der Berufungsverhandlung über die Bedingungen einer Tenure-Track-Professur nehmen die Verhandlungspartner nach bisherigen Erfahrungen in den meisten Fällen vorerst (nur) den Zeitraum der Professur in der Tenure-Track-Phase in den Blick. Die Bedingungen der unbefristeten Professur hingegen werden oft nicht thematisiert. Dies dürfte gleichzeitig darauf hinweisen, dass über die Bedingungen bei der Entfristung (neu) verhandelt werden kann. Zu unterscheiden ist im Hinblick auf die Verhandlungssujets grundsätzlich zwischen Ausstattung der Professur und persönlicher Besoldung. Bezogen auf Ausstattungsfragen wird je nach Hochschule eine diesbezügliche Zusage (über wissenschaftliches Personal, Investitionsmittel, Räume etc.) regelmäßig (maximal) für die Laufzeit der befristeten Professur abgegeben. Sogar eine Befristung der Zusage zunächst lediglich bis zur Zwischenevaluation ist nicht selten.

Die Kenntnis der diesbezüglichen Usancen der Hochschule ist relevant für eine zielgenaue Vorbereitung der Verhandlungen, da sich die Höhe des zu kalkulierenden Budgets nicht zuletzt an der voraussichtlichen Laufzeit der Vereinbarung bemisst. Ähnliches gilt für die Besoldung. Sofern überhaupt im Rahmen einer Tenure-Track-Professur über Besoldungsfragen verhandelt werden kann – dies ist bei W1-Stellen je nach Bundesland häufig bereits rechtlich nicht möglich –, beziehen sich die Aussagen zur Besoldung in aller Regel ebenfalls auf den Zeitraum der Tenure-Track-Phase, so dass in diesen Fällen zu erwarten ist, dass im Fall der späteren Berufung auf die Lebenszeitprofessur ­– in W2 respektive W3 – erneut Verhandlungen hierüber erfolgen.

Die Berufungsverhandlungen zur Besetzung einer Tenure-Track-Professur gestalten sich im Vergleich durchaus anspruchsvoll, da sie nicht nur Gehalt und Ausstattung zum Gegenstand haben, sondern in der Regel auch Evaluationskriterien definiert werden. An dieser wichtigen Stelle der Verhandlungen kommen einschlägige Satzungen, Ordnungen oder Richtlinien der Hochschulen ins Spiel, die das formelle und inhaltliche Verfahren für die gegebenenfalls erforderliche Zwischenevaluation und die obligatorische Endevaluation regeln.

Nach diesen Vorgaben müssen sich sowohl die Hochschule als auch die Berufenen richten. Es ist den Berufenen daher dringend ans Herz zu legen, sich schon vor der Aufnahme von Berufungsverhandlungen über die einschlägigen Regeln – zum Beispiel im Kontakt mit dem Berufungsteam der Hochschule – kundig zu machen und um Überlassung der einschlägigen Satzungen etc. zu bitten. Aus diesen ergibt sich häufig, dass bereits im Rahmen der Berufungsverhandlungen Zielvereinbarungen als Bestandteil der Durchführung von Zwischen- und Endevaluation vereinbart werden. Zudem ergibt sich aus diesen Regularien auch, ob die Stelleninhaberin oder der Stelleninhaber (gegebenenfalls flankierend zu Zielvereinbarungen) einen Selbstbericht zu verfassen haben. Des Weiteren ist normiert, welchen Gremien welche Entscheidungskompetenzen zukommen und ob Fristen für Verfahrenshandlungen zu beachten sind.

Chance auf vorzeitige Entfristung

In der Regel finden bei der Besetzung von Tenure-Track-Professuren zwei Evaluationen statt: zunächst die Zwischen­evaluation, die zwar nicht in jedem Falle rechtlich zwingend, zumeist aber üblich ist. Im Falle ihres negativen Ausgangs wird das Tenure-Track-Verhältnis be­reits frühzeitig beendet. Die Zwi­schen­­evaluation kann auch einer gegebenenfalls erforderlichen inhaltlichen Anpassung der Ziele für die zweite Phase auf dem Weg zur Endevaluation dienen. Diese schließlich entscheidet über die Entfristung der Professur. Beide Evaluationsschritte sind juristisch auf formelle und materielle Fehler – notfalls gerichtlich – überprüfbar.

Sollten im Rahmen von Berufungsverhandlungen Zielvereinbarungen geschlossen werden, sind diese oft gestaffelt aufgebaut. Das heißt beispielsweise, dass etwa für die Zwischenevaluation ein Antrag auf Drittmittelförderung gestellt werden muss, der bis zur Endevaluation als erfolgreich verbucht worden sein soll. Hinsichtlich des (typischen) Ziels der Promotionsbetreuung ist etwa vorstellbar, dass bis zur Zwischenevaluation eine Betreuung nachgewiesen wird, die bis zur Endevaluation zur Beendigung des Promotionsverfahrens geführt hat. Bei den ebenfalls üblicherweise vereinbarten Publikationsleistungen schließlich wäre daran zu denken, dass die (näher genannte) Anzahl der veröffentlichten Publikationen in der zweiten Phase der Tenure-Track-Professur um eine bestimme Quote ansteigen muss.

Auch die Evaluationsverfahren sind unterschiedlich gestaltet. Typisch ist die Bildung einer individuellen Evaluationskommission, deren Mitglieder neben Professoren der betreffenden Hochschule auch externe Professoren sind. Kumulativ wacht häufig eine ständige Kommission über die Qualitätssicherung im Rahmen von Tenure-Track-Verfahren. Abgerundet wird das Verfahren mancherorts auch durch Mentorate oder Angebote zur Wahrnehmung von  Entwicklungsgesprächen.

Endlich ist zu beachten, dass das Tenu­re­-Track-Verfahren nach den einschlägigen hochschulspezifischen Vorgaben unter Umständen verkürzt werden kann. Die Entfristung kann dann früher vorgenommen werden. Dies ist in der Regel möglich in dem Fall, in dem ein externer Ruf erteilt wird. Oftmals wird allerdings die in diesem Rahmen denkbare Entfristungsmöglichkeit erst auf den Zeitpunkt nach der Zwischenevaluation verlagert. In Fällen ausgezeichneter Leistungen (genannt wird zum Beispiel der Leibniz-Preis oder die Einwerbung eines ERC-Grants), kommt ebenfalls eine vorzeitige Entfristung in Betracht. Auch für die Realisierung dieser Möglichkeit sollten die Berufenen von Anfang an Kenntnis über die einschlägigen Tenure-Track-Regelungen ihrer Hochschule besitzen.