Cosima Liebl, Masterstudentin der Bildungswissenschaften, in einem Arztzimmer der Univeritätsklinik Magdeburg. Die Studentin ist eine Simulationspatientin am Universitätsklinikum Magdeburg.
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Uni Magdeburg
Schauspiel-Studierende simulieren Patienten

In Magdeburg werden Schauspieler in der medizinischen Ausbildung eingesetzt. Welchen Mehrwert bringen die simulierten Patienten den angehenden Ärzten?

11.08.2023

Wenn Cosima Liebl will, geht es ihr schlecht – und zwar so, dass junge Ärzte glauben könnten, dass es wirklich so ist. Die 23-jährige Studentin ist Schauspielpatientin an der Universität Magdeburg.

"Die Rollen orientieren sich an echten Fällen. Allerdings werden sie mit uns Schauspielpatienten gemeinsam so umgeschrieben, dass wir eine ganz neue Person erschaffen, die wir bis ins kleinste Detail durchdenken. Also: Wie heißt der Partner? Hat die Person Kinder? Wie verdient sie ihr Geld und was macht sie nach Feierabend?", sagte Liebl. Das Konzept gibt es bereits an anderen Universitäten, beispielsweise in Mannheim.

Die Uni Magdeburg zählt eigenen Angaben nach derzeit 46 Patientinnen und Patienten, die verschiedene Krankheitsbilder täuschend echt verkörpern können – unter ihnen vor allem Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner. Für sie gibt es zwei Arten von Einsätzen: in Seminaren und in Prüfungen. "Innerhalb des Seminares werde ich bis zu 30 Minuten befragt. Aus dem Gespräch entwickelt sich eine Diagnose", sagte Liebl. Dabei gehe es vordergründig darum, wie die Studierenden das Gespräch führen.

Studierende sind dankbar für die simulierten Patienten

Liebl selbst komme vor allem im Bereich der Psychiatrie zum Einsatz und studiert Bildungswissenschaften. Mit Hilfe der Schauspielpatienten würden die angehenden Ärzte dazu ausgebildet, auch schwierige Gespräche – beispielsweise bei einer Krebsdiagnose – zu führen, sagt die ärztliche Leiterin des Projekts, Coraline Metzger. "Also eben die Gespräche, bei denen sie gerne wollen, dass ihr Arzt gut ausgebildet ist." Im Vergleich zu echten Patientinnen und Patienten seien die Schauspieler in solchen Situationen robuster und könnten außerdem nach dem Gespräch rückmelden, wie sie sich währenddessen gefühlt hätten.

Neben den langen Gesprächen in Seminaren gibt es auch kurze Prüfungen, zu denen die Schauspielpatienten eingesetzt werden. "Da geht es dann vor allem darum, mich abzutasten, abzuhören oder eine kurze Befragung durchzuführen", so Liebl. In allen Einsätzen wäre das Wichtigste, niemals vom vorgegebenen Protokoll abzuweichen. "Allein schon, um sicherzustellen, dass die Bedingungen gleich sind. Das ist sicher auch eine große Verantwortung, die uns da übertragen wird."

Liebls Erfahrung nach reagierten die Studierenden immer unterschiedlich auf gewisse Krankheitsbilder. Auch seien sie dankbar, dass es sie und ihre Schauspielkolleginnen und -kollegen gibt.

Kooperation zwischen Medizin und Theaterpädagogik

Unter der Leitung von Metzger, der Theaterpädagogin Christiane Böhm und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Jenny Appelt werden in Magdeburg immer auch neue Ehrenamtler gesucht, die sich zum Schauspielpatienten ausbilden lassen wollen. Wichtig sei, dass die angehenden Schauspielerinnen und Schauspieler ihre eigene Krankheitsgeschichte offenlegen, sagte Metzger. "Sie spielen nie ihre eigene Erkrankung. Da ist die Abgrenzung einfach zu schwierig."

Interessierte sollten nicht aus dem medizinischen Bereich kommen oder ähnliche Fächer studieren, ergänzte Liebl. "Denn es sind ja Prüfungsinhalte, die an uns Schauspielpatienten übertragen werden." Damit solle auch vermieden werden, dass sich Studierende und Schauspieler kennen.

Wer hält es aus, eine Depression zu spielen?

Wer anfangen will, muss erst einmal einige Übungen mitmachen – auch, um zu erkennen, ob das Ehrenamt etwas für einen ist. "Es wird dann auch entschieden, wer welche Rolle spielt. Es wird natürlich immer auch beachtet, wie alt der einzelne Schauspieler oder die einzelne Schauspielerin ist, wie gut sie sich in bestimmte Krankheitsbilder einfühlen kann, ob er oder sie es aushalten kann, beispielsweise eine Depression zu spielen."

Nach einer umfangreichen Ausbildung werden die neuen Schauspielerinnen und Schauspieler dann eingesetzt. Als Gegenleistung für die Einsätze bekommt jeder von ihnen eine Ehrenamtspauschale. Da die Ausbildung einige Zeit in Anspruch nimmt, sei es auch wichtig, dass die Ehrenamtler mindestens die nächsten zwei Jahre in Magdeburg bleiben, sagte Metzger.

dpa