Zwei Straßenschilder zeigen in entgegengesetzte Richtungen. Auf einem steht West, auf dem anderen Ost.
picture alliance / ZB | Sascha Steinach

Studie
Nur wenige Ostdeutsche in Schlüsselpositionen

Eine Studie zeigt, dass weniger Menschen aus Ostdeutschland in Führungspositionen gelangen. Forschende raten zu Änderungen bei der Stipendienvergabe.

21.09.2023

33 Jahre nach der Deutschen Einheit sitzen auf den Führungsposten in Politik, Medien, Justiz oder Kultur immer noch zu wenige Menschen aus Ostdeutschland, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil. Das geht aus neuen Zahlen des Forschungsprojekts "Elitenmonitor" der Universitäten Leipzig und Jena sowie der Hochschule Görlitz/Zittau hervor.

"Es hat eine leicht positive Tendenz, aber es ist noch viel zu tun", sagte Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Bundesregierung, am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Zahlen aus dem Forschungsprojekt.

2018 lag der Anteil der "Eliten" mit ostdeutscher Herkunft demnach bei 10,8 Prozent – 2022 waren es zumindest 12,2 Prozent. Den Bevölkerungsanteil gebürtiger Menschen aus Ostdeutschland setzen die Forschenden mit etwa 20 Prozent an. Es sei zu früh, von einem Aufwärtstrend zu sprechen, sagte Dr. Lars Vogel, einer der Verfasser der Studie.

Der "Elitenmonitor" betrachtet etwa 3.000 Spitzenpositionen und schaut sich dafür die öffentlich zugänglichen biografischen Daten der Menschen an, die diese Posten innehaben. Zudem führen die Forschenden Interviews.

Viele Ursachen für mangelnde Präsenz Ostdeutschlands in den "Eliten"

Es gebe einen Mix von Ursachen und dementsprechend auch einen Mix von Handlungsempfehlungen, sagte Professorin Astrid Lorenz von der Universität Leipzig bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen.

Zu den Ursachen zählt die Wissenschaftlerin unter anderem die "Langzeitwirkung des DDR-Systems", so etwa fehlende Anerkennung für in der DDR erworbene akademische Abschlüsse in "staatsnahen" Fächern wie Jura, Wirtschaft oder Sozialwissenschaften. Für Führungspositionen wird zudem Englisch als wichtig erachtet, Sprachkenntnisse sind aber in Deutschland ungleich verteilt – zumindest in den Altersklassen, die derzeit für Spitzenposten infrage kommen.

Des Weiteren gibt es keine besondere Förderung für Studierende aus Ostdeutschland, heißt es im "Elitenmonitor". Im Vergleich mit Menschen aus Westdeutschland ist bei Menschen aus Ostdeutschland außerdem die Zahl derer geringer, die sich vorstellen können, selbst eine Führungsposition zu übernehmen. Es fehlt an Vorbildern, also traut man sich weniger zu. Dazu kommt die Tradition einer vergangenen Gesellschaft: "Es gehört sich auch nicht, so aufzufallen", so Lorenz.

Die Forschende sprechen Handlungsempfehlungen an die Politik aus. Bei der Vergabe von staatlich bezuschussten Stipendien solle erfasst werden, woher die Stipendiatinnen und Stipendiaten kommen. Außerdem könnten Universitäten bei ostdeutschen Studierenden für die Stipendien werben, die oft Grundlage für lebenslange Netzwerke und Aufstiegschancen seien, sagte Lorenz.

dpa