Chinesische Flagge
picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Paul Zinken

Freie Forschung
An welche Universitäten Geld aus China fließt

Ein Journalist recherchiert zu Zuwendungen aus China an deutschen Unis. Er warnt vor Einschnitten in die Wissenschaftsfreiheit und Selbstzensur.

09.02.2021

Hochschulen zeigen sich bei der Bekanntgabe von Fördergeld aus China zögerlich. Das zeigt die Recherche des Sinologen und Journalisten David Missal. Er hat 120 Hochschulen nach Zuwendungen aus China angefragt, wie die Plattform "FragDenStaat" zeigt. Viele Antworten kämen verzögert oder würden abgelehnt.

77 der angefragten Hochschulen haben laut Journalist Missal (Stand: 5. Februar 2021) keine Angaben gemacht oder Geld für die Zusendung der Informationen verlangt. Von den 23, die sich zurückgemeldet hätten, bekämen 21 kein oder nur sehr wenig Geld aus China.

Auf Grundlage von öffentlichen Informationen sei er bislang zu dem Ergebnis gekommen, dass jährlich mehr als zwei Millionen Euro vom chinesischen Staat oder von Firmen aus China an die Hochschulen in Deutschland flössen; zum Beispiel über Projekte, bezahlte Professuren oder Veranstaltungen. Teils würden auch gesamte Studiengänge aus China finanziert.

Sorge vor Selbstzensur an Hochschulen

"Forschungsförderung aus autokratischen Staaten gefährdet die Wissenschaftsfreiheit", mahnte Missal im "SWR". Mit seinem Rechercheprojekt "Chinas Geld an deutschen Unis" wolle er mehr darüber erfahren, welchen Einfluss China auf die deutsche Wissenschaft hat. Kritisch sieht der Journalist etwa, dass die Finanzierung aus China zur Selbstzensur an den Hochschulen führen könne und Problemlagen nicht mehr offen angesprochen würden. Belegt sieht er das zum Beispiel darin, wenn Dozierende von "die Geschehnisse von 1989 in China" sprächen und nicht vom als "Tian'anmen-Massaker" bekannten gewaltsamen Eingriff des Staates in eine Protestbewegung.

Auch könnte mit chinesischen Kooperationspartner entwickelte Software laut Missal für militärische Zwecke eingesetzt werden. In einem Vortrag verweist der Journalist auf Kooperationen mit dem Unternehmen "Huawei", das Software zur Gesichtserkennung auch dazu nutze, in China die ethnische Gruppe der Uiguren zu überwachen. Seiner Recherche nach seien seit 2006 120 Forschungskooperationen mit Huawei an deutschen Forschungseinrichtungen gestartet.

Die Universität Mainz hat Missal laut Medienbericht gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) angeklagt. Sie hatte die Anfrage des Journalisten mit Verweis auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zunächst abgelehnt. Die Gesellschaft kritisierte dies mit Verweis auf das Landestransparenzgesetz und die besondere Verantwortung einer Hochschule. Nach der Berichterstattung des "SWR" habe die Universität inzwischen Angaben gemacht. Darin habe die Universität eine finanzielle Kooperation angegeben. Zu anderen Kooperation habe sie keine Angaben gemacht, weil kein Geld geflossen sei. Die GFF will ihre Klage daher aufrechterhalten, weil sie auch Angaben zu Zuwendungen wie kostenlosem Personal oder Materialien fordert.

Missal will seine Recherche fortführen und plädiert für strengere Transparenzvorgaben für die Hochschulen und einen Stopp des Mittelflusses an öffentlichen Geldern in Projekte, deren Ergebnisse für militärische Zwecke missbraucht werden könnten.

Die Universitäten Hamburg und Düsseldorf beendeten 2020 ihre Kooperationen mit den in der Kritik stehenden Konfuzius-Instituten, da sie eine Einflussnahme des chinesischen Staats nicht ausschließen könnten. Die Freie Universität Berlin stand wegen eines Vertrags über eine aus China finanzierte Professur zuletzt in der Kritik. Die Hochschule betonte daraufhin, dass es keinerlei Einflussnahme aus China gebe.

aktualisiert: 09.02.2021, 22.01.2021, zuerst veröffentlicht: 21.01.2021

kas