Jahresgutachten
EFI fordert besseren Forschungstransfer für Deutschland
Die Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) hat der Bundesregierung ihr Jahresgutachten vorgelegt. Die wissenschaftlichen Expertinnen und Experten lobten den vergleichsweise hohen Standard Deutschlands in Forschung und Entwicklung, betonten aber auch: Es ist noch viel zu tun.
Deutschland hinke etwa bei der Entwicklung von Technologien für mehr Nachhaltigkeit und einen besseren Standard in der Digitalisierung zurück. Oftmals liege das Wissen auf dem Tisch: "Jedoch werden neue Ideen und Erkenntnisse aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen oft nicht genutzt", schreibt die Kommission in ihrem Gutachten. Forschenden fehlten ausreichend Anreize und die notwendigen Kompetenzen, um ihre Erkenntnisse "über den akademischen Kontext hinaus zu vermitteln", so die Meinung der EFI.
Auch bei den Rahmenbedingungen, um Forschungserkenntnisse in die Anwendung zu bringen, sei Spielraum nach oben: Finanzierungs-, Beteiligungs- oder Lizenzierungskonditionen seien oft "eher hemmend und international nicht wettbewerbsfähig", heißt es in dem Gutachten. Die Expertenkommission "regt nachdrücklich an, geeignete Förderformate auszubauen und weiterzuentwickeln sowie entsprechende Rahmenbedingungen für Transferaktivitäten aus dem Wissenschaftssektor hinaus voranzutreiben".
Mehr Fortschritt bei Digitalisierung – neues Ministerium?
Vorerst hält die EFI die Bewältigung der Corona-Krise für die zentrale Aufgabe der Bundesregierung. Sie begrüßte, dass die Bundesregierung viel und schnell in die Corona-Forschung investiert habe. Durch den "Biontech"-Impfstoff habe die deutsche Forschung weltweit Beachtung gefunden. Über die Pandemie hinaus müsse es darum gehen, in der Grünen Energie deutlich voranzukommen. In der wirtschaftlich für Deutschland sehr bedeutenden Automobilindustrie gelte es mit Blick auf hohe Investitionen im Ausland zur Weiterentwicklung der Brennstoffzellentechnologie weiterhin auch auf die Batterieforschung zu setzen.
Dringend aufholen müsse Deutschland in der Digitalisierung, konkret etwa Servicerobotik, KI und E-Governance. Die von der Bundesregierung gestartete "Agentur für Sprunginnovationen" sei ein Anfang, um Forschungsergebnisse an den Start zu bringen, aber nicht genug. Um schneller voranzukommen, mahnt die Expertenkommission erneut zu mehr digitaler Kompetenz in Deutschland. Das gelte für Auszubildende wie Lehrkräfte. Das Geld aus dem "Digitalpakt Schule" zur Weiterbildung von Lehrkräften sei bei weitem nicht genug.
Es könne nicht sein, "dass Deutschland im Bereich E-Government im europäischen Vergleich erheblich und zunehmend zurückliegt". Die Bundesregierung sollte über neue Governance-Strukturen nachdenken, um die Lage grundlegend zu verbessern. Dazu könnte auch ein neu einzurichtendes Digitalisierungsministerium gehören. Die EFI plädiert außerdem für ein Monitoring-System: In regelmäßigen Abständen sollte die digitale Kompetenz der Bevölkerung auf den Prüfstand gestellt werden, um entsprechend nachbessern zu können.
Gen-Editierung: Ein Kernthema der Expertenkommission
Als weiteres Kernthemen hebt die EFI die Gen-Editierung und Crispr-Cas hervor. Auch hier sei der Forschungsstandard hoch, aber es sei Nachbesserungsbedarf bei "Anwendung und Kommerzialisierung". Die Bundesregierung sollte etwa Genehmigungsverfahren beschleunigen. Sofern Vorhaben ethisch vertretbar seien, sollten vergleichbare Anträge und Genehmigungsverfahren gebündelt werden. Zur Überführung von Forschungsergebnissen in die klinische Anwendung rät die EFI, die Einrichtung eines "Deutschen Gentherapiezentrums" zu diskutieren. Mit Blick auf die hohen Kosten in der Biotechnologie dringt die EFI auf gute Finanzierungsvoraussetzungen.
Die EFI berät die Bundesregierung seit zehn Jahren und legt jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. 2020 forderte die Expertenkommission unter anderem mehr Chinakompetenz für Deutschland.
Derzeitige Mitglieder der Expertenkommission sind die Professorinnen und Professoren
- Irene Bertschek, Leiterin des Forschungsbereichs Digitale Ökonomie am ZEW Mannheim und Professorin an der University of Gießen
- Holger Bonin, Forschungsdirektor am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) Bonn und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Kassel
- Uwe Cantner (Vorsitzender), Professor für Volkswirtschaftslehre/Mikroökonomik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena,
- Carolin Häussler, Inhaberin des Lehrstuhls für Organisation, Technologiemanagement und Entrepreneurship an der Universität Passau,
- Katharina Hölzle, Leiterin der Forschungsgruppe IT-Entrepreneurship am Hasso-Plattner-Institut, Fakultät für Digital Engineering der Universität Potsdam, und
- Till Requate, Professor für Innovation, Wettbewerbspolitik und Neue Institutionenökonomik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
kas