Boris Palmer (hinten rechts), Oberbürgermeister von Tübingen, nahm nahm auf Einladung von Professorin Susanne Schröter (hinten mitte) am Freitag an einer Migrationskonferenz im Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam teil.
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Susanne Schröter
Eklat um Boris Palmer hat die Wissenschaft beschädigt

Um Aussagen des Politikers Boris Palmer ist eine Debatte entbrannt. In Frankfurt distanzieren sich die Uni und die Organisatorin der Konferenz.

02.05.2023

Vergangene Woche war der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer bei einer Migrationskonferenz an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main zu Gast, an deren Rande ein Streit um seine Verwendung des N-Worts entbrannte. Der Eklat um Palmer hat Folgen über die Politik hinaus. "Das hat enormen Schaden angerichtet", sagte die Organisatorin der Konferenz, Professorin Susanne Schröter. "Das ist mehr als ein Sturm im Wasserglas." Schröter leitet das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam, das die Tagung organisiert hatte. Bei der Konferenz sollte Palmer über Migration sprechen. Er sagte dabei Dinge, die auch Schröter "unsäglich" findet.

Schröters Forschungszentrum steht seit Jahren selbst in der Kritik. Schon bei einer Konferenz zum Thema Kopftuch 2019 wurde die Professorin angefeindet. Auch im Vorfeld der Konferenz "Migration steuern, Pluralität gestalten" am Freitag, die wegen der Auswahl der Gäste Kritik auf sich zog, habe es "Mobbing" gegen sie gegeben. Je nach Thema werde ihr wahlweise vorgeworfen, eine zu liberale Position zu vertreten oder rassistisch zu sein, so Schröter. "Das war ich nie, ich vertrete pragmatische Positionen."

Schröter und Uni Frankfurt bemühen sich um differenzierte Debatten

Eine ergebnisoffene Debatte zu führen, werde an Hochschulen immer schwerer, sagte Schröter. Lautstarke Gruppen würden mit ihren "ideologischen Maximalforderungen" alles "abseits vom linken Mainstream" diskreditieren. Palmers Äußerungen seien "eine vollkommene Entgleisung", aber das Zentrum und sie selbst würden assoziiert. Es gehe nicht mehr um Inhalte und einen Austausch der Argumente, sondern darum, "jemandem ein Label anzuheften."

Der Präsident der Goethe-Universität, Professor Enrico Schleiff, kündigte an, die Hochschule werde die Vorkommnisse zum Anlass nehmen, "um sich in einem statusübergreifenden Dialog auf gemeinsame Werte und Guidelines zur Organisation und Ausrichtung von Veranstaltungen an der Nahtstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit zu verständigen". Man wolle sicherstellen, "den wichtigen Dialog mit der Gesellschaft angemessen führen zu können".

Was hat Boris Palmer in Frankfurt gesagt?

Palmer war am Freitag vor einem Gebäude der Goethe-Universität mit einer Gruppe in eine verbale Auseinandersetzung geraten. Es ging um seine Verwendung des sogenannten "N-Worts" in einem Facebook-Post von Mai 2021 über den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, der einen nigerianischen Vater hat. Bei dem Streit am Freitag wiederholte Palmer das "N-Wort" gegenüber den Demonstranten mehrfach. Als er mit "Nazis raus"-Rufen konfrontiert wurde, sagte Palmer zu der Menge: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi."

Nach dieser Auseinandersetzung vor der Tür soll die Diskussion auch auf dem Podium der Konferenz weitergegangen sein. Mehrere Medien berichteten über den Vorfall.

Mit "N-Wort" wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Am Montag veröffentlichte Palmer eine persönliche Erklärung. Er kündigte eine Auszeit an, trat aus der Partei der Grünen aus und entschuldige sich bei den Menschen, "die ich enttäuscht habe".

dpa/ckr