Portraitfoto von Vizegouverneur Dan Patrick
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Wissenschaftsfreiheit
Ist der Tenure Track in den USA in Gefahr?

Einige US-Bundesstaaten wollen das Tenure-Track-System abschaffen. Ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit?

08.06.2022

In einigen US-amerikanischen Bundesstaaten bemühen sich Angehörige der republikanischen Partei, den Tenure Track für Professorinnen und Professoren abzuschaffen, wie verschiedene Medien berichteten. Demnach haben Wisconsin, Texas, South Dakota, Florida und Louisiana seit 2017 entweder beschlossen, den auf Langzeitprofessuren abzielenden Karriereweg an staatlichen Universitäten abzuschaffen oder planen dies.

Zuletzt hat Ende Mai das Repräsentantenhaus von Louisiana laut dem Onlinemagazin "University World News" eine Resolution für die Gründung einer Arbeitsgruppe zum Thema verabschiedet. Dabei sind die Legislativen der Bundesstaaten, in denen das Tenure-Track-System politisch in Frage gestellt wird, republikanisch dominiert. Kritiker sehen durch die Pläne und Entscheidungen die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr.

Tenure Track und konservative Kritik

Der Tenure Track schützt Professorinnen und Professoren vor einer Einflussnahme durch die Politik, da sie nicht jederzeit, sondern nur unter bestimmten Bedingungen kündbar sind. Dies kritisieren konservative Politikerinnen und Politiker, denen vor allem die sogenannte "Critical Race Theory" ein Dorn im Auge ist, wie "University World News" berichtet. Den Namen dieser Forschungsrichtung, die sich mit rassistisch motivierten Ungerechtigkeiten beschäftigt, verwenden Konservative laut "Texas Tribune", um progressive Lerninhalte, wie etwa Rassismuskritik, zu diskreditieren mit dem Vorwurf, diese Inhalte würden jungen Menschen beibringen, dass sie selbst und die USA als Ganze inhärent rassistisch seien. Die Kritik richte sich auch allgemein gegen alle Lehrinhalte, die dominierende Narrative zur Geschichte und Identität der Vereinigten Staaten herausforderten. Den Medienberichten zufolge stehen die Versuche, den Tenure Track abzuschaffen, im Kontext der Bemühungen, progressive Lerninhalte zu unterbinden. So habe der Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, im Rahmen einer Pressekonferenz im Februar gesagt, dass die Universitäten in Texas von linken Professorinnen und Professoren auf Lebenszeit erobert würden. Diese müssten dringend überwacht werden und das Tenure-Track-System abgeschafft werden.

Im April unterzeichnete der texanische Gouverneur Greg Abbott ein Gesetz, das ein "Board of Governors", dessen Mitglieder vom Gouverneur bestimmt werden, ermächtigt, sich selbst die Befugnis zu geben, über die Bewilligung der Lebenszeitprofessuren an staatlichen Hochschulen zu entscheiden. Dies würde eine jahrzehntealte alte Tradition der universitären Selbstverwaltung beenden, laut derer ein aus Hochschulkollegen des Kandidaten oder der Kandidatin bestehendes Komitee über den Tenure Track entscheidet.

Konsequenzen für die Hochschulen

Neben Einschnitten in die Wissenschaftsfreiheit fürchten Hochschulmitglieder verschiedenen Medien zufolge die Folgen für den Ruf der betroffenen staatlichen Hochschulen, wenn diese keinen Tenure Track mehr anbieten können: Die Universitäten könnten ihre Attraktivität für die besten Lehrenden und Studierenden verlieren, was nicht im Interesse der Hochschulen sein dürfte.

Über eine weitere Gefahr für das Tenure-Track-System hat das Onlinemagazin "Times Higher Education" am Dienstag berichtet: Die aktuellen Rekrutierungspraktiken der Hochschulen würden ebenfalls zu einem Rückgang der Langzeitprofessuren führen, da altersbedingt freie Professuren zwar nachbesetzt würden, aber nicht immer neue Einstiegspositionen auf den Tenure Track geschaffen würden. Im Jahr 2020 hätten diese Stellen einen Rückgang von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Aktuell haben etwa 21 Prozent der akademischen Angestellten an US-amerikanischen Hochschulen eine Langzeitprofessur. Dies geht aus Daten der American Association of University Professors hervor.

cpy