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Plagiatsvorwurf
Ministerin Giffey behält Doktorgrad

Die FU Berlin hat die Untersuchung der Dissertation von Franziska Giffey abgeschlossen. Die Familienministerin ist erleichtert, andere sind entsetzt.

31.10.2019

Die Freie Universität Berlin hat ihr Urteil über die Doktorarbeit von Franziska Giffey verkündet. Die Hochschule erteilt der Bundesfamilienministerin eine Rüge. Der Doktorgrad wird ihr nicht entzogen. Das Präsidium der FU folgte damit laut einer Mitteilung dem Vorschlag eines Prüfungsgremiums. Giffey sei am Mittwoch über die Entscheidung informiert worden.

Die Hochschule begründet ihren Beschluss damit, dass die Arbeit zwar Mängel aufweise, die Zahl der Plagiate aber nicht die Schwelle übertreffe, bei der ein Doktorgrad entzogen werden müsse. Auch qualitativ seien die Plagiate nicht so schwerwiegend, dass die Arbeit den Anforderungen an eine Doktorarbeit nicht mehr genügten. Die FU Berlin orientierte sich bei der Bewertung laut Mitteilung an den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts.

Giffeys Arbeit war eine Einzelfallstudie auf der Basis von Leitfadeninterviews. "Da der empirische Charakter der Arbeit in den Vordergrund gestellt wurde, konnte trotz der festgestellten Mängel nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, dass es sich bei der Dissertation von Frau Dr. Giffey um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelt. Das Gesamtbild der festgestellten Mängel rechtfertigte die Entziehung des Doktorgrades daher nicht", lautet das Ergebnis der Hochschule. 

Vroniplag Gründer entsetzt: "Das ist bodenlos"

Der Gründer der Plattform "Vroniplag Wiki", Martin Heidingsfelder, zeigte sich entsetzt über das Urteil. "Das Ergebnis ist bodenlos und sehr ärgerlich", sagte er gegenüber Forschung & Lehre. "Frau Giffey scheint Immunität zu genießen." Sie komme mit ihren Plagiaten davon, während andere für deutlich weniger Fehltritte ihren Doktorgrad abgeben mussten.

"Vroniplag Wiki" hatte in mehr als einem Drittel der Arbeit von Giffey Plagiate festgestellt. "Niemals könnten sich andere Personen mit einem solchen Wissenschaftsbetrug halten. Giffey sollte ihren Hut nehmen und gehen. Sie schadet nicht nur dem Ruf der SPD, sondern auch dem der Hochschulen."

Die Ministerin ist derweil erleichtert. Das Ergebnis habe bestätigt, dass sie den Doktorgrad zu Recht führe, sagte die SPD-Politikerin laut einer Mitteilung des Bundesfamilienministeriums. "Mit der Entscheidung des Präsidiums ist nun Klarheit geschaffen. Meine Arbeit als Bundesfamilienministerin setze ich weiter mit großem Engagement und viel Freude fort." Giffey hatte zurücktreten wollen, sofern die Hochschule ihr den Doktorgrad aberkennen sollte. Auch für den SPD-Parteivorsitz hatte sie sich nicht beworben.

Die Prüfung der Doktorarbeit von Franziska Giffey war auch für deren Doktormutter, die Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel, entscheidend. Sie ist Direktorin des Jean Monnet Exzellenz-Zentrums "The EU and its Citizens" und steht mit für die Exzellenz der FU. Weiter leitet sie die Arbeitsstelle Europäische Integration an der FU. Wäre Giffey der Doktorgrad entzogen worden, hätte das auch ihrem Ruf geschadet.

Anfang Februar hatte Giffey die Freie Universität Berlin gebeten, ihre Doktorarbeit auf wissenschaftliches Fehlverhalten zu prüfen. Daraufhin wurde an der FU ein entsprechendes Gremium eingerichtet. Dem gehörten drei Hochschullehrer und ein promovierter akademischer Mitarbeiter der FU Berlin sowie ein externer Hochschullehrer an. Keines der fünf Mitglieder hatte laut Angaben der FU zuvor die Dissertation von Giffey begutachtet oder in der Kommission zu ihrem Promotionsverfahren mitgewirkt. Um wen genau und, ob es sich dabei um Frauen oder Männer handelte, geht aus der Mitteilung nicht hervor.

Ihre Dissertation "Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft" schrieb Giffey im Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften. Dafür erhielt sie den "Dr. rer. pol.". Über zahlreiche Plagiate in ihrer Arbeit hatte die Plattform "Vroniplag Wiki" berichtet.

aktualisiert: 31.10.19, 11:25 Uhr, zuerst erschienen: 30.10.19, 21:00 Uhr

kas