Schülerin schaut in Prüfungsunterlagen
dpa

Bildungspolitik zwischen Bund und Ländern
Neuer Bildungsrat sorgt für Streit

Bei den Schulen gibt es in Deutschland große Unterschiede. Ein neuer Bildungsrat soll helfen – doch nicht alle sind von dem Vorstoß überzeugt.

07.05.2018

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek stößt mit ihren Plänen für das Koalitionsprojekt eines Nationalen Bildungsrats auf Widerstand in den Ländern. "Ich bin sehr überrascht über die Art und Weise und den Inhalt des Vorschlages", sagte etwa Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Vertan werde die Chance, "den Nationalen Bildungsrat gut aufzustellen". Rabe ist Sprecher der von SPD, Grünen und Linken geführten Kultusministerien der Länder.

Der Bildungsrat soll laut Karliczek unter anderem dafür sorgen, dass Länder-Unterschiede bei einem Schulwechsel von einem Land ins andere keine Probleme machen – und das Abitur bundesweit den gleichen Wert hat.

Wie der bestehende Wissenschaftsrat soll der Bildungsrat laut Karliczek aus zwei Kommissionen bestehen. Einer Bildungskommission sollten Vertreter der Wissenschaft, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Praktiker angehören. Eine Verwaltungskommission würde sich aus Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen zusammensetzen. Beschlüsse solle der Rat in einer Vollversammlung fassen.

Kritik an Bildungsrat: "Nebenregierung mit einer eigenen riesigen Bürokratie"

Rabe kritisierte Karliczeks Vorstoß. "Statt von vornherein den Dialog zu suchen, hat sie die Landesminister lediglich zeitgleich mit der Veröffentlichung per Brief informiert", sagte er. "Die Bundesbildungsministerin plant offensichtlich ein Gremium, das wie eine Nebenregierung mit einer eigenen riesigen Bürokratie ausgestattet ist." Bei Entscheidungen sollten die Länder jederzeit überstimmt werden können, obwohl sie die Schulpolitik weiter voll und ganz bezahlen und allein vor den Wählern dafür gerade stehen sollten.

"Der Bund will offensichtlich die Schulpolitik selbst gestalten, dafür aber weder die finanziellen Mittel bereitstellen noch die politische Verantwortung vor den Wählern übernehmen", kritisierte Rabe. "Anders als von der Bundesbildungsministerin geplant brauchen wir im Bildungsrat einen ehrlichen Dialog und klare Verantwortlichkeiten, aber keine Nebenregierung, die niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig ist und mit einer Bürokratie von 80 bis 100 Mitarbeitern ausgestattet ist."

Dabei biete der Bildungsrat die Chance, dass Experten und Praktiker Vorschläge für größere Transparenz und Vergleichbarkeit machen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder sei schon wichtige Schritte gegangen – etwa mit Blick auf einheitliche Untersuchungen über den Lernstand der Schüler in Deutschland oder den gemeinsamen Aufgabenpool beim Abitur.

Mehr Vergleichbarkeit bei Abschlüssen

"Doch es gibt Grenzen, wenn es um die Durchsetzbarkeit entsprechender Reformen geht, etwa weil Interessengruppen sowie Standes- und Berufsvertreter von Land zu Land unterschiedliche Interessen geltend machen", meinte Rabe. So würden beispielsweise zwei Drittel der Abiturnote nach wie vor nach ländereigenen, sehr unterschiedlichen Regeln ermittelt. "Da könnte es helfen, wenn Wissenschaftler und Praktiker eine bundesweite Empfehlung geben. Solche Empfehlungen könnten eine Schubkraft hin zu mehr Vergleichbarkeit entfalten."

Der bayerische Kultusminister Bernd Sibler, der die unionsgeführten Bildungsministerien vertritt, hatte am Donnerstag betont, die Länderhoheit bei Bildung müsse unangetastet bleiben. Sibler bekräftigte Bayerns Forderung nach einem Bildungsstaatsvertrag für mehr Verbindlichkeit. Zudem erarbeiteten die Länder ein Konzept für den Bildungsrat. "Im Juni wollen wir Länder mit unserem Ergebnis auf den Bund zugehen." Auch Karliczek sagte, der Bund habe nun seine Vorstellungen zu dem Rat entwickelt, die Länder trügen gerade Eckpunkte ihrer Vorstellungen zusammen. "In einem nächsten Schritt werden Bund und Länder verhandeln."

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