Protestierende halten Schilder hoch, u.a. mit der Aufschrift "Ruangrupa cash from Antisemitism"
picture alliance/dpa | Georg Wendt

Kunsthochschule Hamburg
Protest bei Vorstellung von Ruangrupa-Gastprofessoren

An der Hamburger Kunsthochschule wurde die Vorstellung von neuen Lehrenden zum Semesterbeginn abgebrochen. Es gab immer wieder störende Zwischenrufe.

13.10.2022

Angesichts von Protesten gegen die Gastprofessur zweier Mitglieder des wegen Antisemitismusvorwürfen umstrittenen documenta-Kuratoriums ist die Semestereröffnung an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) in Hamburg abgebrochen worden. Etwa zehn der mehr als 300 Anwesenden in der voll besetzten Aula stören die Veranstaltung am Mittwochabend mit Zwischenrufen wie "Antisemitismus ist keine Meinung" und "schmeißen Sie die Nazis raus". Die Fahne Israels und eine Fahne mit dem Gesicht des ehemaligen israelischen Premiers David Ben-Gurion wurden hochgehalten.

"Ich bin Ihrer Meinung", versuchte HFBK-Präsident Martin Köttering die Protestierenden zu beschwichtigen. Antisemitismus habe keinen Platz an der Hochschule. "Diese beiden Kuratoren sind keine Antisemiten", sagte er über Reza Afisina und Iswanto Hartono. Die Vorstellung eines weiteren neuen Lehrenden wurde abgebrochen. Köttering überließ das Mikrofon den Protestierenden, dann löste sich die Versammlung auf. Das Magazin "Der Spiegel" berichtet am Donnertag von der gedrückten und nicht etwa aufgebrachten Stimmung während der Veranstaltung, von Gästen, die "teilnahmslos auf den Stühlen im Saal" saßen.

Nach der Vorstellung haben Afisina und Hartono den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen. Zugleich zeigten sich die beiden unglücklich über die abgebrochene Semestereröffnung: "Mit Blick auf die Ereignisse am Mittwoch muss ich sagen, dass wir traurig sind, auf diese respektlose Weise empfangen zu werden", sagte Afisina. An der Hochschule wollen die beiden Künstler einen offenen Dialog anbieten, um auch die Ereignisse der documenta einzuordnen. "Antisemitismus ist kein deutsches Problem, sondern eins der ganzen Welt. Unsere Aufgabe ist es, zu gucken, welchen Beitrag zeitgenössische Kunst leisten kann", erläuterte Afisina.

Afisina und Hartono sind Mitglieder des indonesischen documenta-Kuratorenkollektivs Ruangrupa. Die 15. Ausgabe der documenta hatte im Schatten immer neuer Antisemitismus-Vorwürfe gestanden. Schon zu Jahresbeginn waren erste Stimmen laut geworden, die Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Im Juni wurde ein Kunstwerk wegen antisemitischer Bildsprache abgebaut. An der Gastprofessur hatten auch die Jüdische Gemeinde in Hamburg und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) Kritik geübt. Die Wissenschaftsbehörde stehe im Austausch mit der HFBK. Die Gastprofessuren sollen nun auch der Aufarbeitung der Vorwürfe dienen, teilte die Hochschule mit.

aktualisiert am 14.10.2022 um 13.45 Uhr, zuerst veröffentlicht am 13.10.2022

dpa/cpy