Finanzierung
Spart nun auch das BMBF an der Forschungs-Förderung?
Nachdem der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Alexander von Humboldt-Stiftung und das Goethe-Institut seit Anfang Juni von Etatkürzungen durch das Auswärtige Amt berichten, steht nun auch das Bundesforschungsministerium unter Bettina Stark-Watzinger in der Kritik: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beschweren sich, dass Förderzusagen nicht eingehalten würden. Währenddessen zeichnen sich die Folgen der bereits bekannten Kürzungen durch das Auswärtige Amt immer genauer ab.
Bei der Humboldt-Stiftung, wo die Gelder von 2021 bereits um 3,3 Prozent gekürzt wurden, steht für das Jahr 2023 eine weitere Kürzung um knapp acht Prozent in Aussicht, wie die Stiftung vergangene Woche auf Anfrage von "Forschung & Lehre" mitteilte. Die Stiftung erklärte nun in einer Pressemitteilung von Mittwoch, dass in der Folge ganze Programme eingestellt werden müssten: Dies betreffe etwa das Residency-Programm und das erst 2021 eingeführte Programm der Forschungshubs in Afrika. Auch bei der Philipp Schwartz-Initiative, die durch Krieg und Verfolgung bedrohten Forschenden eine Arbeit in Deutschland ermöglicht, wird demnach gekürzt. Diese Kürzungen seien besonders schmerzlich, erklärte Stiftungspräsident Professor Hans-Christian Pape. Während in diesem Jahr Sondermittel für den Schutz von Forschenden aus der Ukraine vorhanden seien, müssten diese im nächsten Jahr weiterlaufenden Stipendien dann zu Lasten von Bewerbungen aus anderen Ländern finanziert werden. "Der Schutz für Forschende aus der Ukraine geht auf Kosten von genauso schutzbedürftigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus anderen Ländern", sagte Pape.
Auswärtiges Amt verteidigt Kürzungen
Beim DAAD spart das Auswärtige Amt ebenfalls: Die Organisation kann dadurch knapp 6.000 Stipendien pro Jahr weniger vergeben. Das Ministerium äußerte sich auf Anfrage des "Tagesspiegels" zu den Sparmaßnahmen: Das Auswärtige Amt selbst sei wie der Großteil der anderen Ressorts auch von Einsparungen betroffen. Außenministerin Annalena Baerbock habe sich in den Haushaltsverhandlungen für die Finanzierung der Außen- und Sicherheitspolitik engagiert, zu der die Förderung internationaler Wissenschaftsbeziehungen gehöre. Darüber hinaus stehe das Ministerium etwa mit dem DAAD in Kontakt, damit keine Stipendienzusagen des DAAD zurückgenommen werden müssen.
Kritik von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
Auch zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich zu den Kürzungen zu Wort gemeldet. In den sozialen Medien verwenden sie dazu den Hashtag "IgotFundedByDAAD" und berichten, welchen Einfluss DAAD-Fördermaßnahmen auf ihre akademische Laufbahn hatten.
Die Leitungen der Berliner Universitäten haben sich gegenüber dem "Tagesspiegel" zu den Folgen der Kürzungen geäußert. Der Präsident der Freien Universität (FU) Berlin, Professor Günter M. Ziegler, sagte, "dass durch diese Kürzungen die internationale Ausstrahlung der deutschen Universitäten leiden wird." Dass weniger Studien- und Promotionsstipendien neu vergeben würden, treffe seine Hochschule besonders, da viele ausländische Nachwuchswissenschaftlerinnen beabsichtigten, an der FU zu studieren.
Professor Peter Frensch, kommissarischer Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin, sieht in den geplanten Kürzungen laut "Tagesspiegel" eine Gefahr für Berlin als Wissenschaftsstandort. Problematisch erschien es einem Sprecher der Hochschule, dass die Streichungen ausgerechnet Programme betreffen sollen, die der Integration von Studierenden aus dem Ausland dienen.
Sparmaßnahmen auch beim BMBF?
Währenddessen erntet auch das Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Kritik: Auf der Homepage der FU Berlin berichteten am Montag Professorin Marianne Braig, bis vergangene Woche Vizepräsidentin der FU für Forschung, und Dr. Regine Schönenberg vom Ende der Finanzierung des Forschungsprogramms "BioTip - Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen", zwei Jahre vor dessen offiziellem Ende. An dem Programm sind mit Schönenberg rund 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 30 Forschungsgruppen an verschiedenen deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen beschäftigt. In der Folge des Finanzierungsendes falle nun die Phase der Auswertung und Interpretation der Forschungsergebnisse aus. Das BMBF habe dies mit "neuen Schwerpunktsetzungen hin zu Forschungsaktivitäten, die einen schnellen Impact erzeugen" begründet.
Dies ist kein Einzelfall, wie der "Tagesspiegel" berichtet. Auf Twitter und in Zoom-Calls organisierten sich derzeit betroffene Forschende, um den Umfang der Förderabsagen zu erfassen. Neben "BioTip" seien auch Programme aus den Themenbereichen "Gesellschaftliche Folgen der Corona-Pandemie" und der Rechtsextremismus-Forschung betroffen. Teilweise würden Förderzusagen gebrochen, indem der Förderbescheid nicht ausgestellt werde.
Auch beim DAAD ist die künftige Finanzierung von mehreren größeren, BMBF-finanzierten Projekten weiter unklar, wie etwa bei "Integra", einem Projekt, das der Integration von Flüchtlingen an deutschen Hochschulen dient, oder das Projekt "Internationale Mobilität und Kooperation (IMKD)" zur Digitalisierung der internationalen Hochschulzusammenarbeit. Die Finanzierung laufe im kommenden Jahr aus. Vorschläge für Anschlussprogramme oder Programmfortsetzungen der Projekte lägen dem BMBF bereits vor, eine Entscheidung gebe es noch nicht.
cpy
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