Mehrere Menschen mit Israel-Flaggen demonstrieren in Berlin.
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Umfrage
Kaum Demos zu Nahostkonflikt an deutschen Hochschulen

An den Universitäten in Deutschland gab es insgesamt nur wenige Aktionen rund um den Nahostkonflikt. Das zeigt eine Umfrage unter Hochschulen.

20.12.2023

An deutschen Universitäten haben nur vereinzelt Proteste im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stattgefunden. Das ergab eine aktuelle Umfrage der Wochenzeitung "Die ZEIT". Dafür wurden 140  Hochschulen in Deutschland mit mehr als 5.000 Studierenden befragt, ob und in welcher Form studentische Aktionen zum Nahostkonflikt nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober stattgefunden haben. Von den 107 Hochschulen, die an der Umfrage teilnahmen, gab es lediglich an 22 Protest- oder Gedenkveranstaltungen zum Nahostkonflikt. Studentische Aktionen gab es laut Umfrage lediglich 12, wobei der Fokus auf der Unterstützung der Palästinenser und der Situation in Gaza lag.

Von den insgesamt 32 gemeldeten Demonstrationen fanden fünf an der Universität zu Köln und jeweils zwei an den Universitäten in Kiel, Kassel und an der Humboldt Universität Berlin statt. An der TU Berlin waren es vier Demonstrationen. In Berlin war insgesamt am meisten los. Denn von allen gemeldeten Demonstrationen fanden etwa zwei Drittel in der Hauptstadt statt, etwa die Hälfte davon wiederum an der Freien Universität Berlin. Von den elf Demonstrationen waren vier proisraelisch und sechs propälestinensisch. Die letzte Aktion fand vergangenen Donnerstag statt, wo Studierende einen Hörsaal der FU in Berlin besetzten. Dabei sei es zu einer Rangelei zwischen propalästinensischen und proisraelischen Unterstützenden gekommen. Die FU rief daraufhin die Polizei. Nach ihren Angaben wurden zwei Personen leicht verletzt.

FU Berlin setzt auf Gespräche mit beiden Seiten  

Ein Bündnis von FU-Studierenden, das sich "Students for Free Palestine" nennt, hatte auf seinem Instagram-Kanal zu der Besetzung des Hörsaals aufgerufen. Dort kritisierte das Bündnis die "einseitige Stellungnahme der Universitätsleitung zur Gewalt in Israel/Palästina". Auf dem Kanal wurden auch Bilder und Videos von der Aktion am Donnerstag veröffentlicht, worauf Palästinaflaggen und Plakate mit Aufschriften wie "Stoppt den Genozid" zu sehen waren. Die FU teilte "Forschung & Lehre" mit, dass die Hochschule die Aktion nicht genehmigt und dafür auch keine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt habe.

Die Universität befürworte das Engagement für freien Meinungsaustausch, "solange sich dieses Engagement im Rahmen von Recht und Gesetz bewegt". Das betonte auch der Präsident der FU kürzlich im Interview mit "Forschung & Lehre". "Aber Demonstrationen, wie wir sie vor dem Campus und anderswo in Berlin hatten, helfen dabei nicht", so Professor Günter M. Ziegler. "Unsere Linie ist da ganz klar: Sobald wir Kenntnis davon bekommen, dass Aktionen zu Gewalt aufrufen und strafbar antisemitisch sind, erstatten wir Anzeige", so Ziegler. Sein Lösungsansatz: Gespräche mit Gruppen von Studierenden von beiden Seiten, "weil da ein Austausch von Meinungen und Sichtweisen stattfindet, der verhärtete Standpunkte aufweichen kann".

Bundeswissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger geht das nicht weit genug. Nachdem es zu der Besetzung an der FU Berlin gekommen war, forderte sie ein deutlicheres Auftreten der Hochschule.

kfi